Page - 148 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rasner-Rhederer, Volume 25
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Neich 148 Neich
schen gelehrten Anzeigen, in der Mai»
länder „Iße»,", für die Berliner allge»
meine medicinische Central'Zeitung, für
Petermann'S geographische Mitthei-
lungen, in Bernhard! 'S Zeitschrift für
wissenschaftlicheTherapie, für die sckweize»
rische Monatschrift für praktische Medicin
in Bern u. s. w. Gegenwärtig soll sicd
der Autor mit einer größeren Arbeit
über die physischen lind moralischen Ur-
fachen der Krankheiten beschäftigen. AuS
allen oben angeführten Werken des Ver>
fassers, welche sämmtlich als Organe
eines und desselben Organismus, eines
gleichsam aus dem andern sich entwickelnd,
angesehen werden müssen, spricht, wie
die Fachkritik übereinstimmend anerkennt,
ein gesunder, denkender, vorwärts stre>
bender Geist. Selbst keiner Partei, keiner
Secte angehörend, läßt er nur durch die
auS der Erkenntniß der Natur deö Men-
scken fließenden Sätze sich leiten, aner-
kennt nur sie als die eigentlichen Weg>
weiser zum Tempel der Menschheit. Um
Objectivilät und Unparteilichkeit im voll»
sten Maße sich zu wahren, steht er da,
frei, unabhängig, keinem Vereine, keiner
Verbindung, keiner Fracüon angehörend,
hört ihre Meinungen, prüft sie, ohne im
Geringsten von dem rothen Faden der
Aufgabe, die er sich gestellt, abzuweichen.
Dem entsprechend halt er auch, ohne auf
oie Theorie von der Nationalität be»
sondereü Gewicht zu legen, doch mi!
aller Bestimmtheit daran fest, daß jedes
Volk durch seine Muttersprache ciuilisirt
werden müsse und nur so allein civilistct
werden könne. Die Sprache ist Ausdruck
der,Organisation; sie ist nichts Zufälliges.
Einem Volke eine fremde Sprache octcoyi»
ren heißt: dieses Volk verstümmeln, uer-
ihieren. Seine Liebe zur Wahrheit, die
ungeschmückte Art und Weise, sie aus-
Zusprechen, mag oft mißverstanden wor> den sein und ihm manchen, vielleicht gar
viele Feinde zugezogen haben. Er selbst
trägt es, weil er es nicht andern kann,
läßt sich aber dadurch auf seinem Lebens»
Wege nicht beirren. Niemands Feind,
verfolgt er auch seine Widersacher nicht,
sondern hält nur treu zur Wahrheit und
kennend die Gebrechlichkeit des Menschen,
leibes, die erbärmliche Schwäche der
Natur, hält er an den Worten der Ma>
dcnne S t a ö l : „Alles begreifen heißt
Alles verzeihen". Sein Vaterland ver>
ließ Dr. Reich, weil er, frei von jedem
Zwange, ausschließlich der Wissenschaft
leben wollte. Die Förderer der Wissen»
schaft erscheinen ihm als Weltbürger, die
ebenso wenig einem engeren Vaterlande
angehören, wie die Wissenschaft etwa
ausschließliches Eigenthum einer bestimm,
ten Nation ist. Nach seiner Ansicht —
und sie möchte wohl die richtige sein —
gibt es keine nationale Wissenschaft' daS
Wissen nicht — nur die Literatur, daS
ist der Inbegriff der Art und Weise, wie
sich das Wissen mittheilt — kann eng-
lisch, französisch, deutsch, russisch sein. Es
gibt nur Eine Wissenschaft und das Wis.
sen ist Eigenthum der Welt. Reich'S
Leben, wie eS schon auö der vorstehenden
Skizze ersichtlich, war bisher ein sehr
bewegtes,' wie der Herausgeber dieses
Lerikons von glaubwürdiger Seite er-
fährt: dient R. mit krankem Körper
und r ingend um das tägliche
Brotden höchsten Interessen der Mensch,
heit, mußte dabei Herzenleid. Verfolgung
und Verleumdung bis zum höchsten Maße
des Möglichen ertragen, und Gotha war,
trotz deS herzoglichen Protectors, bisher
sein Golgatha. Uebrigens hat ihn kein
Schlag seines harten Geschickes gebeugt,
sein Alpha und Omega, sein Talisman
ist und bleibt die Wissenschaft; in ihrer
Förderung vergißt er Armuth und die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Volume 25
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rasner-Rhederer
- Volume
- 25
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon