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Unbilden der Welt. und im steten Vei
kehre mit den Genien aller Menschen,
alter, ist er glücklich, jede Berührung mit
grobmateiiellen Interessen zu vermeiden.
Presse (Wiener pulit. Blatt) l«LL, Nr. S3,
8?, Si- „Dr. Reich und über seine Verhaf.
lunn". — Wanderer (Wiener polit^ Vlatt)
1866, Nr. 32 u. »L: „Ueber Vr. Reich's Ver>
Haftung". — Neue freie Presse 5866,
Nr. 338: „Die Verhaftung des Dr. Reich".
Reich, Moriz (Schriftsteller, geb.
zu Rok i tn ! h in Böhmen am 20. April
4831 , wurde am 8. April 4887 im
Walde „die hohe Wurzel" bei Rokitnitz,
das er am 26. März nach Tisch verlassen
hatte und wohin er seit dieser Zeit nicht
mehr zurückgekehrt war, todt gefunden).
Der Sohn armer israelitischer Eltern; der
Vater lebte als Schächter und Vorsänger
der kleinen Iudengemeinde des an einem
Ausläufer der Sudeten malerisch gelege»
nen Städtchens Nokitnitz. Seine Armuth
gestattete ihm nicht, viel für die Erzie»
hung seines Sohnes zu thun. Er schickte
wohl denselben auf daS Gymnasium in
das benachbarte Reichenau, wo Mor iz
bis zum Jahre 4847 blieb, als aber
dieser nach beendigtem Unterrichte nach
Prag ging, mußte er bereits durch Unter»
richtertheilen für sich selbst sorgen. Dieses
Aufstchselbstgestelltsein wäre nicht daü
Schlimmste gewesen, hätte R. nicht von
seiner früh verstorbenen Mntter ein Uebel
geerbt, dem bereits eine jüngere Schwe»
ster erlegen. Hinter einem blühenden
Aussehen lauerte die tückische Krankheit,
die so oft mit einer frühzeitigen Ent>
Wickelung des Geistes Hand in Hand
geht und eine Reizbarkeit bedingt, die
zum Poeten eignet, während der Körper
unrettbar dahinsiecht. I n Prag war R.,
nachdem er die ersten Spuren des Leidens
fühlte, zu einem der ersten Aerzte gegan»
gen, der ihm, nachdem er seine Brust untersucht, mit jener bei den Söhnen
Aeöculaps oft vorkommenden Mephisto»
phelischen Offenheit rundweg erklärte:
„^uderouloLN, oruoiata, da ist wenig
zu machen". Seit dieser Eröffnung be-
mächtigte stch des Jünglings eine tiefc,
seinen Lebensnerv immer mehr vernich-
tende Melancholie, die ihn nicht mehr
seines Lebens froh werden ließ und ge>
wiß auch den traurigen Ausgcmg dessel°
ben zur Folge hatte. R. gab nun jede
Fortsetzung seiner Fachstudien auf, ent.
schloffen, fortan nur derPoesie und
durck die Poesie zu leben. Ja, wenn
das letztere in einer Zeit, die der Dich»
tung wenig günstig und in Verhältnissen,
die gewöhnlich nur den anständigen Hun»
gertod der Poeten ermöglichen, thunlich
gewesen wäre! So wurde denn, wie sein
Freund Alfred Meißner treffend b>
merkt, dieser Entschluß der Dämon seines
Lebens' er wurde durch denselben wie
Cha t ter ton, Gi lb ert, Edgar Poe
elend. Die Muse ward seine Parze!
Unter seinen Studiengenossen fand sich
ein hochsinniger Freund, der, als cr
Neich'S traurige Lage durchschaute und
dessen Unfähigkeit bei seiner Krankheit
durch Unterrichtertheilen für seinen Un>
terhalt zu sorgen, erkannte, obwohl selbst
mittellos, doch entschlossen war, waS er
durch Lectionen erwarb, mit dem ihm
liebgewordenen Freunde zu theilen und
ihm wenigstens so lange durch's Leben
fortzuhelfen, bis er die gewöhnlich mit
Mißerfolgen begleiteten Anfänge des
Schriftstellerthums überwunden und in
literarischen Kreisen bekannt geworden,
endlich festen Fuß gefaßt hätte. Abei
diese durch jugendlichen Enthusiasmus,
der nicht mit den Factoren der wirklichen
Welt zu rechnen pflegt, in's Leben geru»
fenen Verhältnisse waren nicht von
Dauer. Reich selbst, um ökonomisch
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rasner-Rhederer, Volume 25
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rasner-Rhederer
- Volume
- 25
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1868
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon