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Niedel. u. Wedl 87 Niedel u. Niedl
seiner Zurückkunft nach Jena wurde er
Magister der Philosophie und lehrte und
schrieb einige Jahre mit großem Beifalle.
Bei Wiederherstellung der Erfurter Uni-
versitat im Jahre 4768 erhielt R. durch
Klotzen's Vermittelung das Lehramt
der Philosophie an derselben und hatte
an den Einrichtungen zur Consolidirung
und Vervollkommnung dieser Hochschule
nicht unwesentlichen Antheil. Insbeson»
dere erwarb er sich als akademischer 3eh.
rer durch seine philosophischen Vorträge,
welche eine freiere und gründlichere Be-
Handlung der Wissenschaft anbahnten,
unbestreitbare Verdienste. Hand in Hand
mit seiner nutzbringenden literarischen
Thätigkeit ging auch die schriftstellerische,
in welcher er eine seltene Rührigkeit ent-
faltete. So war es Ried el. der in Erfurt
eine gelehrte Zeitung begründete; der
ferner den Plan zuK l otz en'S „Deutscher
Bibliothek der schönen Wissenschaften"
entwarf, wodurch man den Einfluß der
„Berliner" Literaturbriefe abzuschwächen
und wohl gar vollends zu vernickten
suchte. Er nahm sich auch dieser Angele-
genheit sehr ernst an und führte im An-
beginn das große Wort. als er aber den
Widerstand von Seite des Publicums,
der sich in voller Theilnahmslosigkeit au
diesen literarischen Plänkeleien kundgab,
inne ward, zog er sich schon nach dem
vierten Hefte von dem Unternehmen
zurück und spannte auch in seinem eigenen
philosophischen Journale, wie in der
Erfurter gelehrten Zeitung die Saiten
etwas herunter. Indessen entfaltete er
noch immer große Rührigkeit, und wie
einer seiner Biographen schreibt: dirigi«
ren, reformiren, neue Einrichtungen
durchsetzen, das waren seine Lieblings-
geschäfte. Daß einem Manne von solcher
Thätigkeit, einem reformatorischen Geiste,
wie eS Riedel unbestritten war, die in ziemlich enge Grenzen gebannte und stets
bevormundete Thätigkeit eines akademi-
schen Lehrers auf die Dauer nicht zusagen
konnte, wird Niemand befremden. Er
selbst schaute daher nach einer anderen,
ihm mehr zusagenden Stellung aus,
wenn sie ihm auch von einer Seite ward,
von welcher er sie wohl am wenigsten
erwartet hatte. Er erhielt nämlich im
Jahre 1772 eine Berufung nach Wien.
Die Sache aber verhielt sich, wie der in
dergleichen sonst gut unterrichtete Graf-
fer mittheilt, so: Der kunstsinnige, um
die Akademie der bildenden Künste in
Wien hochverdiente Baron SpergeS
hatte nach W inkelm ann'sErmordung
in Trieft des großen Kunstforschers neu«
bearbeitete Geschichte der Kunst, die in
den Besitz der kais. Akademie der bilden-
den Künste in Wien gerathen war, in
Ordnung zu bringen und herauszugeben
beschlossen. Auf seiner Suche nach einer
dieser Arbeit gewachsenen Persönlichkeit
in den nächsten Kreisen wollte sich ihm
Niemand tauglicher zeigen. Als dem
Baron nun in einer Buchhandlung
zufällig Riedl 's Theorie der schönen
Wissenschaften in, die Hände fiel und ihm
das Buch zusagte, sprach er dieses Urtheil
in Gegenwart des Buchhändlers aus,
der ihm erwiderte, daß Riedl sein
Landsmann sei. Nun gab Baron Sper»
ges dem Buchhändler den Auftrag, an
Niedel zu schreiben und ihn zu fragen,
ob er geneigt wäre, nach Wien zu kom-
men? Der Buchhändler schrieb an R ie-
del und dieser, ohne sich viel zu besin»
nen. machte sich auf die Beine und reiste
nach Wien. Die mit ihm angesponnenen
Verhandlungen waren von kurzer Dauer.
Er wurde sofort zum k. k. Rathe und
Lehrer an der Kunstakademie mit einem
ansehnlichen Gehalte angestellt. Ueber
sein komisches, ja lächerliches Auftreten,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon