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Nieder Nieder
seinem vortrefflichen Vater. Bald zeigte
sich desKnaben ausgesprochenes Talent für
darstellende Kunst, insbesondere in Zeich«
nungen. die er, ohne Unterricht erhalten
zu haben, theils aus dem Kopfe, theils
nach der Natur anfertigte, und dieß er»
weckte die Aufmerksamkeit zweier Männer,
die in der Folge auf seine künstlerische
Ausbildung und Laufbahn wesentlichen
Einfluß nahmen; der Eine von ihnen war
der k. k. Rath Art mann, der früher
im geheimen Cabinete des Kaisers Io«
seph I I . angestellt gewesen; der Andere
hieß Valentin Günther , durch dessen
Vermittelung der junge Ried er zum
Besuche der k. k. Akademie der bildenden
Künste zugelassen wurde, die ihm sonst
als Mittellosen nicht zuganglich gewesen
wäre. Ar tm ann nahm stch auch sonst
noch des talentvollen Knaben an. für
den der Vater bei seinen gedrückten
Verhältnissen nichts zu thun im Stande
war; er nahm ihn zu sich in unentgelt-
liche Wohnung und Kost und versah ihn
durch die fünf Jahre, die er — bis zu des
Wohlthäters Tode — bei ihm wohnte,
mit Allem, was er zu seinem Studium
brauchte. So hatte stch R. — befreit
von der peinlichen Sorge um das tag»
liche Brot — durch Fleiß und Studium
allmälig herangebildet, in der Akademie
mehrere Preise erhalten und durch seine
Leistungen die Theilnahme wohlwollen»
der Macene geweckt, die sich auch ferner-
hin seiner annahmen. So ließ ihm der
Regierungsrath Joseph Prokop Freiherr
von H einke ^Bd. VI I I , S. 223^ Unter-
richt in der Geschichte und Mythologie
ertheilen, Graf Saurau aber gab ihm
Beschäftigung, indem er ihn verschiedene
Meisterwerke in der kaiserl. Belvedere»
Gallerte copiren ließ, so z. B. den
«Bogenschnitzer" von Correggio, die
«H. Iustina" von Buonvic ino, nach Anderen von Pordenone; „Helene
Forman", das berühmte Bild der Gattin
des Rubens, von demselben; „Titian's
Geliebte", von T i t ian , u. m. a. Nach
dem Tode seiner Wohlthäter und Gönner
war R. wohl sich selbst überlassen, aber
doch bereits so bekannt, daß ihm Beschaf.
tigung nie fehlte und R. neben der Brot»
arbeit auch seinen Studien im Gebiete
der Kunst, in der er sich mit Vorliebe der
Historienmalerei zuwendete, obliegen
konnte. I n dieser Zeit beschäftigte sich
R. vornehmlich des Erwerbes halber viel
mit Bildnißmalen und war in dieser
Richtung seiner trefflichen Arbeiten wegen
sehr gesucht. Im Jahre 1823 wurde R.
Lehrer der Figurenzeichnung an der k. k.
Ingenieur-Akademie, spater Professor an
der Akademie der bildenden Künste und
zuletzt an der k. k. Genie.Akademie in
Wiener.Neustadt. wo er noch im Jahre
4836 in Thätigkeit war. worauf er im
Jahre 1857 Custos — nicht, wie es bei
Mül ler« Klunzinger heißt, der kö-
niglichen Gallerie — sondern in der k. k.
Belvedere-Gallerie wurde. Nieder hat
in der Zwischenzeit auch mehrere Kunst«
reisen gemacht, so im Jahre 1839 nach
Oberitalien und Tirol, im Jahre 1833
nach Florenz und Rom. Die Zahl seiner
Arbeiten ist ebenso groß als mannigfal»
tig, Porträte, heilige Darstellungen. Hi«
storien und Genrebilder, daneben kleinere
Skizzen, Zeichnungen zu Vignetten, eigen»
händige Radirungen und Lithographien,
alles meist, wie cs das Gebot des Erwer-
benS, seltener, wie es eigene künstlerische
Schaffenslust bedingt. Von seinen B i ld -
nissen sind anzuführen: Ferdinand
und August, Prinzen von Sachsen-
Coburg . beide im ungarischen Costüme;
— der berühmte Iiedercomponift Franz
Schubert, wovon R. selbst eine treff-
liche Lithographie ausgeführt hat; —
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon