Page - 115 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rhedey-Rosenauer, Volume 26
Image of the Page - 115 -
Text of the Page - 115 -
Neger u. Niegger Nieger u. Niegger
in Betreff des Commando's bei der
Nationalgarde, welche, der deutschen
Minorität Recht gebend, die Beibehal-
tung des deutschen Commando's ver-
langte. Diesen Anlaß benutzte M'eger,
um mit seinen Parteigenossen, da der
erwartete Lohn ausgeblieben, aus den
Reihen der Rechten in jene der Linken
überzugehen. Bei der Berathung über
den ersten Paragraph der Verfassung
kam die neue Parteistellung zu Tage. In
demselben höhnenden Tone, wie er kurze
Zeit vorher gegen die Revolution sprach,
die die in den Octobertagen in Wien
verbliebenen Abgeordneten als Hochver»
räther denuncirte> über die daselbst Hin»
gerichteten gemeine Witze riß und die
Hochherzigkeit der Croaten glorificirte,
mir demselben Hohn trat er nun mit
seiner auö öechen, Slavoniern, Illyriern,
Hanaken und Ruthenen gebildeten slavi-
schen Partei gegen das Ministerium auf,
dessen Verbündeter er bis dahin gewesen.
Aber das Ministerium buhlte nicht um
R.'s und der Seinen Gunst, da es bereits
die leider „gewaltsame Auflösung" des
Reichstages, welche sofort erfolgte, im
Sinne hatte. R., der auch seinen Antheil
an diesem unsinnigen Schritte hatte, blieb
unberücksichtigt und machte zunächst eine
Reise nach Paris. Dort verkehrte er mit
ziemlicher Ostentation mit den im Aus-
lande gegen Oesterreich conspirirenden
Flüchtlingen, vornehmlich mit dem Grafen
Teleki, Szarvady und Pulszky,
und soll mit diesen nichts Geringeres als
einen TheilungSplan der österreichischen
Monarchie entworfen haben!' Als wenn
sich ein durchIahrhunderte in Wechselfällen
aller Art, in Glück und Unglück, durch
Kampfe und Verträge, durch Rosenketten
von Fürstenheirathen und das Blut von
Patrioten zusammengekittetes großartiges
Ganzes, wie es der österreichische Staat ist. so mir nichts dir nichts durch Pläne
und Reden einiger Abenteurer und mal.
contenter Egoisten zerbröckeln ließe! R.
selbst stellte später diese ihm entgegen-
gehaltene Beschuldigung in Abrede, lie«
ferte aber später durch sein an Kaiser
Napoleon gerichtetes Memorandum
den Gegenbeweis. Nach seiner Rückkehr
aus Paris lebte er nun als Privatmann
in Prag und war nur als Verwaltungs«
rath des böhmischen Gewerbevereins und
als Müller thätig. Erst das Erscheinen
des unseligen Go luchowsk i 'schen
Ottober-Diploms ließ ihn wieder das
politische Gebiet betreten. Seine Wirk-
samkeit auf demselben bis zur Gegen-
wart ist durch verzweifelte Unternehmun»
gen aller Art markirt. Die Pilgerfahrt
nacb Moskau, das Memorandum an
den damaligen Kaiser Napoleon und
mehrere dergleichen Acte sah die kaiser-
liche Regierung immer nur als Mißgriffe
eines hitzigen politischen Parteigängers
an, weil sie durch Stellung des Schuldi-
gen, dessen Handlungen die öffentliche
Meinung kaum mehr von der Schuld
des Hockverrathes zu trennen im Stande
war, vor die Schranken des Gerichtes
nicht gar erst die politische llnzurech«
nungsfähigkeit mit dem Glorienschein
eines politischen Martyriums verherr-
lichen wollte. Die Presse, deren Hand-
langer freilich das Rücken eines Stuhles,
auf dem ein Volksvertreter sitzt, sogleich
für ein Sturmsignal ansehen, hat wohl,
um die Spalten ihrer Blätter zu füllen,
des Guten mehr als zu viel gethan und
jede Kleinigkeit und Unbedeutenheit, wenn
sie R. und feine Partei betraf, mit
Emphase verkündet und so eine Mücke
zu einem Elephanten aufgeblasen. Die
Geschichte aber geht über alle der-
gleichen Donquichottiaden einfach zur
Tagesordnung über und legt all' diesen
8*
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon