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Nieger u. Niegger 119 Nieger u. Niegger
solcher Fertigkeit, daß er auf Dorffesten
nach geendetem Tanze nicht selten auf-
gefordert wurde, während den Pausen
des Tanzes ein Solostück vorzutragen
Zu gleicher Zeit erlernte er von einem
etliche Stunden von seinem Dorfe woh
nenden Schullehrer Notenlesen. Durch
sein Spiel wurde der kleine Got t f r ied
bald in der ganzen Umgegend bekannt,
und als der Graf IosephSedlnitzky.
der selbst ein großer Musikfreund war
und sogar eine vollständige Musikcapelle
unterhielt, von ihm hörte, nahm er ihn
alS Pagen in seine Dienste. Des Grafen
Kammerdiener war ein geschickter Oboist
und Clarinettift. gewann den Pagen lieb
und dieser erlernte von ihm daS Spiel
auf Oboe und-Clarinette, und erlangte
darin bald solche Fertigkeit, daß er bei
größeren Concectproductionen mitwirken
konnte. Später begleitete er in der
Schloßcapelle die Meßgesänge auf der
Orgel und zuletzt erlernte er — bei sei»
nem ausgesprochenen Musiktalente —
unter des Grafen eigener Leitung daS
Violoncell spielen, so daß er während
seines Aufenthaltes im Schlosse sich mit
dem Spiele der verschiedenartigsten Instru»
mente vertraut gemacht hatte. Daß er sich
bei so tüchtiger musikalischer Begabung am
Ende auch in der Komposition versuchte,
lag nahe, und nachdem er mit einigen
kleineren Arbeiten glücklich gewesen, mun»
terte ihn der erhaltene Beifall zu Größe»
rem auf, und so entstand sein erstes grö»
ßeres Werk, ein für den Grafen geschrie»
benes Violaconcert. Ader damit war R.
< nicht glücklich; das Concert mißsiel und
der Bescheid für seine Anmaßung war:
, er solle lieber alle übrigen Instrumente
durchüben und das Schmieren sein las-
sen". Aber dieser Mißerfolg entmuthigte
ihn nicht; obwohl er bei Tag nicht
schreiben durfte, nahm er die Nacht zu Hilfe und schrieb, wenn er ganz unbe-
obachtet war. seine Compositionen. Ohne
sich abschrecken zu lassen, legte er ein
zweites Violaconcert seinem Gebieter,
dem Grafen, vor, und dieses Mal mit
dem besten Erfolge, denn das Concert
gefiel dem Grafen, der den jungen Com»
positeur noch überdieß reichlich belohnte.
Um diese Zeit geschah es, daß der be-
rühmte Di t t ersdorf IMo.III, S.31H
mit Pater Damasus Brosmann. da«
maligen Rector des Piaristenklosters zu
Weißwasser, zu dem Grafen auf Besuch
kam. Brosmann ließ sich Gottfried's
Arbeiten, von denen er gehört hatte,
vorlegen und äußerte sich beifällig dar»
über. Die Folge dieses Besuches war
nun, daß R. mit dem Pater Da ma sus
nach Weihwasser ging, um dort noch
weiter in der Mufik ausgebildet zu wer«
den; und in einer selbstverfaßten bio-
graphischen Skizze, die R. über Auffor-
derung an einen Musikfreund (Philo-
kales) einsandte, gesteht er ein, daß er
Alles, was Theorie anbelangt, dem Pa>
ter Darnasus verdanke. Nach einiger
Zeit kehrte N. auf Schloß Gevpersdorf
zurück, wo es nicht an Gelegenheit fehlte,
sein immer mehr durchbrechendes Com-
positionstalcnt zu üben, wobei ihm die
Kenntniß der anderen Instrumente, na-
mentlich bei orchestralen Arbeiten vor»
trefflich zu Statten kam. In diesen Ver-
hältnifsen erreichte R. das 23. Lebens-
jahr. Im Jahre 1787 bat er seinen
aräflichen Wohlthäter um einen drei-
jährigen Urlaub zu seiner weiteren Aus»
bildung, der ihm auch gewährt wurde.
R. begab sich nun zunächst nach Brunn,
wo er aber keine freundliche Aufnahme
fand und mit seinen tüchtigen Musik-
kenntnifsen so wenig anfangen konnte,
daß er zum Barbieren und Frisiren.
welche beiden Handthierungen er im
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon