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Nosalino 342 Nosalino
wegen zu erdulden hatte, von dem gro
ßen Fürsten, dem Oesterreichs Wohlfahrt
am Herzen lag, geschützt wurde. So
hatte er sicb durcb Zulassung des Werkes:
„I/^utorit6 äu O1srF6" den Wiener
Erzbischof zum mächtigen Gegner ge-
macht, woiin er jedoch im Kaiser einen
noch mächtigeren Sckützer fand. Die
Vorwürfe der Freigeistern, womit ihn
der Cardinal überhäufte, und die man»
cherlei Chikanen, die er deßhalb zu er«
dulden hatte, ließ N. mit philosophischer
Ruhe über sich ergehen. Das Wohlwollen
und Vertrauen des Kaisers aber hatte
sich R. durch folgenden Umstand erwor-
ben. Der Kaiser batte die Absicht, aucb
in den österreichischen Niederlanden die
Reformen deS theologischen Studiums
durchzuführen. Rosalino erschien ihm
als der dazu zunächst geeignete Priester
und er wollte ihn zum Director der
theologischen Facultat in Löwen mit
einem Iahrrsgehalte von 2000 fl., reich
lichem Elscche der Reisekosten und der
nahen Aussicht auf ein Bisthum ernen-
nen. Rosalino dankte aber für die
ihm zugedachte Beförderung mit der frei»
müthigen Erklärung: er wolle lieber mit
seinen 300 fl. in Wien seine Stelle weiter
Versehen, als wieder gezwungen fein, mit
Geistlichen in Gemeinschaft zu leben.
Dieser Zug von Uneigennützigkeit und
Selbstgenügsamkeit bei einem Priester
nöthigten dem Monarchen um so größere
Achtung vor R. ab. als dergleichen Cha-
raktere überhaupt dünn gesäet sind. Die
schriftstellerische Thätigkeit Rosalino's
umfaßt folgende Werke: „Auszüge ans drn
besten Journalen Gurupll's", 2 Jahrgange
(Wien 4773-4774. 8".); — ,Mtrrll.
rische Nachrichten von drn Werken der beuten
Schriftsteller unserer Zeit", 4. Jahrgang
2. Jahrgangs 1. Quartal (ebd. 1773
u. 1776, 8«.); — „Gesammelte literariLche Fragmente, eine Wochenschrift" (ebd. 1776,.
8^.); — „Amei Warnungen der französischen
Geistlichkeit an die Ohristgläubigen wegen der
Gefahren des Unglaubens" (ebd. 1773 u.
1776, 8".); auch ist von ihm eine ver-
verbesserte deutsche Uebersetzung der gan-
zen Bibel (Wien 1781, 8".) erschienen.
I n den oberwähnten „ZiterarischenFrag«
menten" erscheint vollständig die von
Chatelux entworfene Darstellung des
„Näprit" von Helvet ius. R.'s schrift»
stellerische Thätigkeit war nicht darnach
angethan, ihm unter seinem Stande,
namentlich unter den höheren Würden-
trägern, die an der usurpirten Macht um
so zäher halten, als sie von der Unrecht«
Mäßigkeit ihres Besitzes überzeugt sind^
Freunde und Gönner zu erwerben.
Die eine Partei nannte R. einen Dei-
sten, die andere einen Ianse nisten^
beide aber konnten.ihm seines tadellosen,
moralischen Charakters wegen die Nch°
tung nicht versagen. R. war ein erklär-
ter Feind der Bigotterie und alles Pha»
risäerthums, und wie es heute nicht eine
Partei, sondern die ganze gebildete
Menschheit ist, die sich aus den Ketten
d '^s Iesuitismus durch Rückkehr zur
alten, reinen Lehre Christi zu befreien
sucht, so war es Rosal ino schon vor
hundert Jahren nur darum zu thun,
Alles auf die erste Kirche zurückzuführen,
weil er fie für die Pflanzschule der rein"
sten Gotteslehre — Deismus — hielt.
Die „Allgemeine 3iteratur»Zeitung" har
ihm in einer kurzen, aber treffenden Cha-
rakteristik ein sehr würdiges Andenken
gestiftet. Rosal ino ist eben ein neuer
Beweis, daß die heutigen Zustände schon
einmal da waren, und daß sich schon
damals Männer fanden, welche der Un°
Vernunft und Lüge, mag sie sich in welch
immer ein Gewand hüllen, unbeugsam
Trotz boten und die Gottesfackel der
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon