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Hofmann 390 Hofmann
Verfassungsstreites, die Beendigung der
Sistirungspolemik. die Wiederherstellung
der VerfassungsmĂ€Ăigkeit dieĂ- und jen-
seits der Leicha drÀngten sich als die
nÀchsten Forderungen auf. Herr von H.
vertauschte seine bisherige Stellung mit
der weit wichtigeren an der Seite des
Freiherrn von Beust, dem die öfter,
reichischen VerhĂ€ltnisse neu waren. DaĂ
bei allen
staatsmÀnnischen
Fragen, welche
nun auftauchten und erledigt werden
wollten, H. bald entweder die Initiative
ergriff oder doch seinen Rath in die
Wageschale gleiten lieĂ, directen oder
doch indirecten Antheil nahm, ist lÀngst
ein offenes GeheimniĂ. H.'s eigenstes
Werk aber ist die Reorganisation des
Ministerium des AeuĂern, in welcher die
Errichtung der PrÀsidialsection. die un»
geachtet der ZufĂŒhrung nöthig geworde-
ner neuer KrÀfte mit strengster Spar«
samkeit durchgefĂŒhrte Regelung deS Bud»
gets und die Umgestaltung der gouver-
namentalen Beziehungen zur Presse als
Hauptmomente zu bezeichnen sind. Ein
groĂer Schritt im Verfassungswerke ge-
schah nun auch, als bei der Wiederher»
ftellung der cisleithanischen Verfassung
das Princip zur Geltung kam: die Re-
gierung den eigentlichen Vertrauens»
mÀnnern der Verfassungspartei anzu-
vertrauen. Der Vorschlag, welchen das
BĂŒrgerministerium Seiner MajestĂ€t zur
Ernennung empfahl, floh aus seiner
Feder. Auch an der Erledigung der
confessionellen Gesetze, dieses in der
Geschichte des BĂŒrgerministeriums wich»
tigsten Actes, hatte H. wesentlichen An-
theil, da er sowohl auf das kaiserliche
Rescript, mit welchem die Eingabe der
Bischöfe beantwortet wurde, als auÀ>
auf die Sanctionirung der Reichsraths,
beschlösse, welche von einem von H. vec-
faĂten Separatvortrage des Ministeriums des AeuĂern begleitet waren, worin ins-
besondere die politischen Momente hervor-
gehoben wurden, EinfluĂ genommen
hatte. Indessen waren zwischen dem
Reichskanzler und dem BĂŒrgerministe»
rium MiĂhelligkeiten entstanden. die in
der unmittelbaren Berufung des Ersteren
nach Prag ohne vorausgegangene Ver-
stÀndigung mit dem MinisterprÀsidenten
ihren Ausgangspunct fanden. Obgleich
nun Freiherr von B eust seiner Mission
sich in loyalster Weise entledigt und die-
Unmöglichkeit eines öechischen Ausgleichs
auĂerhalb der Verfassung auf das Ent«
schiedenste erklÀrt hatte, so hatten die-
darauf gefolgten Ereignisse die Bedenken,
welche H. in dieser Angelegenheit aus
CompetenzrĂŒcksichten erhoben hatte, sich
vollkommen gerechtfertigt. Es kam zu»
nÀchst zwischen Reichskanzler und dem
cisleithamschen Ministerium zum Bruche,
welcher in letzterem selbst jene Spaltung,
hervorrief, die in dem bekannten Majo-
ritÀts- und MinoritÀtSvotum des Cabi-
nets, einem Acte. der in der Geschichte des
Constituiiönaliömus bisher ohneBeispiel
dasteht, ihren Gipfelpunct erreichte. Ob»
wohl nun in Folge dessen die MinoritÀt
des Cabinets aus demselben ausschied,
hatte sich doch die im Amte verbleibende
MajoritÀt nicht mehr als lebensfÀhig
erwiesen und Graf P o t o c k i ^Bd. XXII I ,
S. 447) wurde mit der Neubildung deS
Cabinets beauftragt. Das Verholten
H.'s zu diesen VorgÀngen möchte zunÀchst
aus jenem Rundschreiben, welches Graf
Beust ergehen lieĂ, und worin in ein«
gehender Weise die Bedeutung des Mi.
nisterweclMs erörtert, sowie die Ziel«
puncte des neuen Cabinets festgestellt
werden, zu entnehmen sein. sMan ver-
gleiche Rothbuch Nr. 2, S. 107, Nr. 133,
und Rothbuch Nr. 3, S. 42 u. 43.^
Jedenfalls ging dieses ActenstĂŒck auS
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rhedey-Rosenauer, Volume 26
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rhedey-Rosenauer
- Volume
- 26
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der UniversitÀts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 436
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon