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Noffi-Sontag 78
leien der französischen Küche das Herz uerder,
den, so möge sie schnell zu der Frankfurter
Theaterdirection zurückkehren, und diese Hun»
gercur wird sie gewiß bald herstellen. Sie
hat das schon erprobt. Das gute Kind, ge«
wohnt, überall als ein Schmuck mit Baum-
wolle umwickelt zu werden, hat die packtu-
chene Berubrung unserer kaufmannischen Thea-
terdirection sehr rauh empfunden und hat
empfindlich darüber geklagt. Man hat ihr mit
dem größten Eigensinne Rollen aufgedrungen,
die ihr nicht lieb waren und die ihrer Wahl
zurückgewiesen, und man hat sie bei derBezah«
lmig — ich sage, um mich nicht lange zu besin-
nen: geprellt. Als sie ein früheres Mal hier
auftrat, bekam sie bei verdoppelten Eingangs,
preisen die halbe Einnahme. Sie erbot sich
dießmal in Briefen aus Berlin unter gleichen
Bedingungen zu singen. Man schrieb ihr aber
zurück: dieses fei durchaus nicht thunlich, man
dürfe es nicht zum zweitenmale wagen, die
Emgangspreise zu verdoppeln, denn das
Pudlicum sei schon das erstemal über diese
Neuerung sehr aufgebracht gewesen; man wolle
ihr dagegen für jei)e Vorstellung l>l) Louisd'or
geben. Fräul. Sontag ging dieses ein. Als
sie aber hierher kam, verdoppelte man die
Eingangspreise doch und wollte von dem Ver»
trage nicht abgehen, und als es zur Ausbe«
zahlung der bedungenen öl) Louisd'or kam,
gab man ihr statt Loulsd'or Friedricksd'or,
nämlich die Sontag, die als eine Berline»
rin ihren Friedrich im Herzen hatte, schrieb:
„Da, ich bin es zufrieden, ich will für jede
Vorstellung 5<» Fric>drich5d'or nehmen". Aber
dieses war ganz offenbar nur ein Schreib,
fehler, der aus einem schönen Patriotismus
entsprungen, und es läßt sich ja gar nicht
denken. daß sie sich zu weniger verstanden,
als man ihr angeboten. Doch unsere Theater»
Direction. welcher die vier Vorstellungen der
Sontag 30UUThlr.?reinen Vortheil gebracht,
hielt sich an den Schreibfehler und durch diese
Rabulistlrei verdiente sie noch 2 bis 300 fi.
mehr. Fräulein Sontag hätte klagen sollen;
daS Gericht hätte gewiß nicht gegen sie
entschieden. Auch wollte unsere Sängerin,
größtentheils zum Vortheile der Witwe eines
hiesigen Capellmeisters, der viele Jahre die
Oper geleitet und welchem unser Orchester
seine ganze Vortreff!ichk>,'it verdankt, iin Schau,
splV'lhause ein Concert grden; aber das Haus
wurde ihr versagt, ob es gleich für einen Tag
gefordert wurde, wo keine Vorstellung war.
Der Director des Theaters soll sie bei dieser Gelegenheit sehr rauh und barsch behandelt
haben. Gegen diesen Präsidenten werden seit
undenklichen Zeiten Klagen sseführt und den-
noch wird er alle Jahre von den Unzufriede-
nen freiwillig wieder zu dieser Stelle gewählt.
Der Mann muß doch seine Verdienste haben,
er :m,ß unentbehrlich sein. Auch weiß er das
und er hat geschworen, man soll ihn nur
todt aus dem Theater tragen" — Nicht min»
der interessant dürfte es sein, das Urtheil
eines Historikers, wie Friedrich v. Naumer.
über die Sängerin Ro ssi-So n ta g zu hören.
Naumer spricht sich über sie in eincm Briefe
an Ludwig Tieck aus, welchen die von
Friedrich Kind herausgegebene „Dresdener
Morgenzcituna/ l827. in Nr. t22 enthält
und in welchem der ernste Geschichtschreiber
die berühmtesten Sängerinen seiner Zeit. die
Mi lder ,Schu lz ,Se id ler .Cata lan i .
Sessi. Heinefetter. Schechner, D e-
urient und Sontag Neoue passiren läßt.
Naumer schreibt über „Mademoiselle Son-
tag: Sie besitzt die höchste Leichtigkeit. Beweg«
lichleit. Lieblichkeit und Süßigkeit, welche, auf
anderes verwandt, als was gerade die Mode
des Tages verlangt, aus vollendeter Miniatur-
malerei wohl zu Größerem hätte führen kön<
nen. Sehr zu bedauern bleibt es also, daß
äußere Verhältnisse sie zwangen, seit Jahren
fast nur geist, und charakterlose Musik zu
singen, welcher sie. nicht unnatürlich, durch
Ucberladung mit Zierathen einen Inhalt,
oder docl) immer höheren Neiz zu geben suchte.
Jene stets ähnlich wiederkchrenoen. übersüßen
Zieratben sind aber selbst vom Uebel und
das häusige Umspringen der Stimme in ein
anderes Register (was an das Verschieben
der Claviatur eines Fortepiano's erinnert)
kann auf die Dauer weder den echten Kenner
befriedigen ' noch die ohnehin nicht große
Stimme erhalten. Es ist nicht das Höchste,
zu singen wie eine Nachtigall oder wie eine
Flöte: die Menschenstimme biegt über all'
diese Vergleichungen hinaus, und die Art
und Weise, wie Mao. Sontag in der
„Schöpfung" und einigen besseren Opern,
z. B. «Oo8i lau tutte", gesungen hat. be»
gründet in meinen Augen weit, mehr ihren
Ruf uls Sängerin, wie die den musikalischen
Maaen verderbenden Bonbons und Baisers,
die sie ununterbrochen in Rossini'schen
Opern den Schmachtenden austheilt." —
Das Herloßsoh n'sche „Theater - Lexikon"
entwirft von der Künstlerin folgende zutref-
fende Schilderung: „Henriette S. war
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Volume
- 27
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 386
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon