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Roth. Stephan Ludwig (evangelischer
Pfarrer , geb. zu Mediasch in Sie-
benbürgen 24. November 1796, erschossen
zu Klausenburg von den ungarischen
Rebellen 11. Mai 1849). Sein Vater
Stephan Gott l ieb (gest. am16.De-
cember 1847), zuletzt Pfarrer in Klein>
schelten, leitete die erste Erziehung seines
Sohnes, später schickte er ihn auf das
evangelische Gymnasium nach Hermann«
stadt. wo er im Jahre 1816 seine Stu>
dien beendete und im Frühjahre 1817
die Universität Tübingen bezog. In
Tübingen widmete er sich dem Studium
der Theologie, nebenbei aber suchte er
auch nach anderen Richtungen seine
Kenntnisse zu erweitern, unterrichtete sich
daselbst und auf kleinen Reisen, die er in
den Ferien unternahm, unablässig über
die Fortschritte Deutschlands in der
Agricultur und Industrie, denn er fühlte
es gar wohl, wie sein zwischen rohe
Völker eingekeiltes Sachsenvolk nur der
Anregung bedürfte, um aus dem Still»
stände, in den es hineinregiert worden,
herauszutreten. Eine Stelle aus Roth's
Tagebuche aus jener Zeit gibt Aufschluß,
wie er schon damals die Situation richtig
erfaßte und auf Abhilfe sann. „Der alte
Adam", steht es darin, „der behaglichen
Selbstzufriedenheit bei unserem Volke
muß ersäuft weiden und der Geist der
Rührung mehr in dasselbe fahren; Still»
stand sind Spuren des Todes, Fortschritt
bekundet dauerhaftes Leben." Nach zwei»
jährigem Aufenthalte in Tübingen begab
sich R., um sich umfassende praktische
Kenntnisse, namentlich im Unterrichts,
und Erziehungsfache zu verschaffen, nach
Yverdon zuPestalozzi, dessen Zunei-
gung er durch seinen geraden Sinn und
seine Begeisterung für den Lehrerderuf
in so hohem Maße gewann, daß ihm
Pestalozzi den ehrenvollen Antrag, machte, ihn als Lehrer an seinem Insti.
tute anzustellen, welchen R. auch annahm.
Es wurde ihm eine ausgedehnte Wirk«
samkeit im Institute eingeräumt, er
wohnte im Schlosse, galt als ein Mit.
glied des Hauses, führte die Aussicht
einer Classe und erhielt den Auftrag,
einen Entwurf für den Elementarunter»
richt in der lateinischen Classe nach den
Grundsätzen Pestalozzi's auszuarbei«
ten. I n dieser Wirksamkeit verblieb R.
bis zum April 1820 und nahm, mit
einem eigenhändigen ehrenvollen Zeug«
nisse Pestalozzi's ausgestattet, seine
Entlassung. Er kehrte nun nach Tübin-
gen zurück, um dort zu doctoriren. und
schrieb bei dieser Gelegenheit die Inau»
gural'Differtation: „Na5 Wesen des Staates
als eine Grziehnng5llN8tlllt tnr die Bestimmung
des Menschen". Dann schickte er sich
zur
Heimreise an und traf über Wien am
23. September 1820 im väterlichen
Hause ein. Anfänglich wendete er sich
dem Lehramte zu, stieß aber bei den ver«
schiedenen Reformen, deren Durchführung
er im Sinne hatte, bald auf unüber«
steigliche Hindernisse. Unter anderen for»
derte er die sächsischen Gymnasiallehrer
zur Herausgabe einer sächsischen Schul«
zeitung unter dem Titel: „Der sächsische
Schulfreund. Eine vaterländische Zeit»
schrift für Erziehung und Unterricht" auf,
ohne jedoch seine Bemühungen in dieser
Richtung von einem Erfolge begleitet zu
sehen. Nicht nur. daß es ihm nicht gelang,
im Großen durchzugreifen, und eine
principielle Umgestaltung des Unterrichts
und der Erziehung, so nothwendig die»
'elbe auch war, durchzuführen, er zog
sich für seine Bemühungen nur Unan«
nehmlichkeiten zu, wurde als Neuerer
von allen Seiten angefeindet, sah seine
Absichten vereitelt und seinen Charakter
verkannt. So vertauschte er denn, nach«
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Volume
- 27
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 386
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon