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-Rothschild) Ans. Maier 425 Nsthschild) Ans. Maier
mir mein Arzt, eines derselben zu besteigen;
meine Magennerven gestatten mir nicht zu
fahren; was die culinarischen Genüsse anbe«
langt, so haben sie für mich jedes Mal,
wenn ich zu schwach bin, der Lust dazu zu
widerstehen, die widerwärtigsten Folgen; ich
habe eine Idiosynkrasie gegen Blumendüfte,
so geht mir der Genuß des herrlichen, von
so Vielen bewunderten Wintergartens ver»
loren; mich an den Statuen und Bildern,
die sich in meinen Gemächern befinden, zu
ergötzen, fehlt mir als vielbeschäftigtem Kauf«
mann die Zeit; das einzige Wesen, das ich
wahrhaft geliebt, konnte ich niemals besitzen
— um kurz zu sein, von allem meinem Reich»
thume habe ich nichts als — die Pflicht, ihn
zu verwalten. Nun sagen Sie mir, wollen
Sie noch mit mir tauschen?" Der geistreiche
Pariser, der diesen Vorfüll später in franzö-
sischen Blättern erzählte, entgegnete, einer di-
recten Antwort ausweichend, sich verabschie-
dend: „Herr Baron, sie sind nicht nur reich,
sie wissen auch Andere zu bereichern". Was
die Stelle in obiger Antwort: „Das einzige
Wesen, das ich wahrhaft geliebt, konnte ich
niemals besitzen", betrifft, so bezieht sie sich
auf eine Jugendliebe Rothschild's, welche
er dem Willen seines Vaters opfern mußte.
Er hatte EvaHanau, welche ihm von seinem
Vater zur Frau bestimmt worden, geheira-
ihet. Aber ungeachtet dessen, daß Eoa nicht
die Frau seiner Wahl war, ist die Ehe eine
glückliche gewesen, jedoch kinderlos geblieben.
Anselm Maier starb im hohen Alter von
82 Jahren. Er hat bedeutende Summen zu
wohlthätigen Zwecken, vornehmlich für seine
Glaubensgenossen, für die übrigen Confessio»
nen nur einen verschwindend kleinen Theil,
bestimmt, welche Thatsache in einem Nekro«
loge mit den bitteren Worten glossirt wurde:
„Von den vielen xsrosuts, die er — Dank
der modernen Finanzweisheit — dem christ.
lichen Wohlstande aus der Tasche holte, ist
der christlichen Armuth kaum ein armseliges
psi-iuM zu Gute gekommen". (Nun, man
vergleiche doch nur die Testamente zahl-
loser steinreicher Christen, die keinen Gro-
schen weder für Christen noch Juden hinter»
lassen und höchstens geistliche Genossenschaf.
ten, die sich die Veroummung des Volkes
zur Lebensaufgabe gemacht, mit einigen
Summen bedenken.) Bald nach Anselm
Mai er's Tode erschienen Nekrologe, die
idn verhimmelten, und wieder andere, die
ihn in den Staub zogen. Die einen sind Ausflüsse widriger Sykophantennaturen. die
ihr Sctimarotzermetier bei den Erben fortzu^
setzen beabsichtigten; die anderen sindunwür»
dige Ergebnisse des allzeit fertigen Religions«
Hasses, der es nicht verwinden kann, daß
Fleiß und Industrie eines Juden segens,
voll gedeihen und es in ihre unthätigen,
in planloser Gläubigkeit gefalteten Hände
nicht Ducaten regnet. Noch zu Anselm
Maier's Lebzeiten war ein Werk erschienen,
das sich: „Ruhm Israels. Biographie der
Freiherr« von Rothschild" betitelt, Man
wollte die Entstehung dieser ekelhaften Spei«
chelleckerei von Anselm Maier beeinflußt
wissen. Eine bodenlos alberne Stelle im Texte
dürfte nach vorstehendem Charakterdilde hin-
reichen, die Absurdität dieser Annahme dar«
zuthun. Es heißt in der erwähnten Schrift
unter Anderem.- Es seien bis jetzt im aus-
erwählten Volke Gottes drei große Männer
erstanden: Moses, David und Noth«
schild. der vierte, der Messias nämlich, sei
noch zu erwarten. Aus den zahllosen, über
ihn erschienenen Nekrologen und Biographien
werden im Folgenden nur die bezeichnendsten
ausgewählt, obwohl auch diese kein vollstan»
diges Bild dieses eigenthümlichen Mannes
geben, über den eine wahrheitsgetreue Schil»
derung und Charakteristik unbedingt ebenso
lehrreich als von hohem Interesse sein müßte.
Selbst eine Sammlung seiner merkwürdigen,
zutreffenden Aussprüche und bei Gelegenheiten
geäußerten Ansichten würde eine ganz ergötz»
liche Lecture und einen pikanten Beitrag zu
seiner Charakteristik bilden. Die Könige und
Fürsten folgender Staaten: Spanien, Belgien.
Großherzogthum und Churfürstenthum Hessen,
Neapel, Bayern und die Niederlande haben
ihn mit ihren Groß«, Commandeur« und
Ritterkreuzen ausgezeichnet. (Allgemeine
Zei tung (Augsburg, Cotta. 4«.) 1856.
Nr. 5, S.67: „Correspondenz aus Frankfurt
a. M. ääo. 2. Jänner 1856" (eine höchst
interessante, die abgeschmackten Lobhudeleien
der zahllosen Speichellecker berichtigende und
auf ihr wahres Maß zurückführende Charak«
teristik). — Ar es lau er Zeitung 1836,
Nr. 7 u. 39: „Anselm von Rothschild". —
Dioaskal ia. Blätter für Geist, Gemüth
u. s. w. (Frankfurt a.M.. 4«) 1833, Nr. 296.-
„Dem Andenken Amschel's von Rothschild".
von'Friedrich Stoltze (Gedicht); ebd. 1856,
Nr. 22: „Aus dem Leben M. A. v. Rotd«
schilo's". — DaS HausRothschild. Seine
Geschichte und seine Neschäfte (Prag und
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Volume
- 27
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 386
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon