Page - 147 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27
Image of the Page - 147 -
Text of the Page - 147 -
Nott 147 Nott
über 66 Jahre alt, dargestellt wurde.
In früheren Zeiten glänzte er stark in
Verkleidungsrollen und feierte nament«
lich im „Gervinus", „Paperl". „Des
Teufels Brautfahrt" u. dgl. m. große
Erfolge. Ungleich bedeutender steht er
aber in Charakterrollen da. von denen
er selbst die meisten in den Wiener Volks«
stücken der letzten 20 Jahre geschaffen. So
sind nur beispielsweise — ein vollständiges
Repertoir seiner Rollen gelang mir trotz
aller Bemühungen nicht, zu bekommen
— anzuführen: der Viehhändler in
Kaiser's „Stadt und 3and". der Ros.
ner im „Wiener Freiwilligen", der Peti
inBerla's „Zigeuner", der General
Bum Bum in der „Großherzogin von
Gerolstein". der Oberpriester in der
,Schönen Helena", der Meineid-
bauer in Anzengruber's gleichnami»
gem Stücke, der einfält ige Bauer
in Flamm und Wimmer's ,Der Teu-
fel im Herzen", derZuave in „Jäger
und Zuave". sein Tratschmied l, der
Breninger in den „Kreuzelschreibern",
der ThaddäuS Prunkenstein im
.Täglichen Brot" von Ber lau. dgl. m.
Friedrich Kaiser, der manche Rolle in
seinen vielen Stücken zunächst im Hin«
blicke auf Rott geschaffen, und der
über Rott schreibt, daß die österreichische
Volksbühne seit Raimund'S Tode
kaum einen Darsteller von Charakteren
besessen habe, wie Karl Rot t . nennt ihn
treffend den ^Anschütz der Vorstadt".
Rott ist auch in der That ein Charakte«
ristiker ersten Ranges; als er noch die
Raimund'fchen Lieblingsgestalten in
der stereotypen Weise ihres Urhebers nach«
spielte, war ihm diese Manier einige Zeit
so in Fleisch und Blut stecken geblieben,
daß auch in anderen Rollen immer wieder
das Rai mund'sche Wesen durchschillerte,
und da hieß es denn geraume Zeit und nicht mit Unrecht: „Rott raimunoelt m
allen Rollen". Aber diese Auffassung
seines Spieles ist eine befangene. Mögen
hie und da ein Tonfall, eine Geste, eine
Kopf» und Handbewegung öfter wieder-
kehren, und zwar aus dem einfachen
Grunde, weil ein völliges Aufgeben der
eigenen Persönlichkeit nie eintreten kann.
so macht dieß der übrigen Durchführung
einer von Rott geschaffenen Rolle keinen
Eintrag. Rott legt in der That an
seine verschiedenen Rollen nicht einen
und denselben Leisten an. Er versteht es,
wie wenige seiner Collegen, zu individua-
lisiren. man wird dieß gern zugeben,
wenn man ihn als Wurzel, als Va«
lent in, dann aber als Zigeuner
Peti, als WienerFreiwi l l iger. als
Meineidbaueru. dgl. m. gesehen hat.
I n allen Rollen individualifirt Rott
bis in'S kleinste Detail, aber nicht, um
damit im Publicum Staunen zu erregen,
sondern, um ein durch und durck wahres,
der Natur bis in ihre feinsten Züge abge-
lauschtes Gebilde zu schaffm. Rott hat
Freude an seiner Kunst wie an seiner
Kochkunst — eS ist bekannt, daß er ein
großer Gourmand, und mit gleicher
Meisterschaft, wie er Abends seine Cha-
rattere auf der Bühne durchführt, sich
die einzelnen Gerichte seiner Mahlzeit
selbst bereitet — und mit eisernem Fleiße
eine fast unfehlbare Gedächtnißstärke und
unverwüstliche Gesundheit verbindend
übt er seinen anstrengenden Beruf —
denn oft spielt er wochenlang hinter ein«
ander die schwersten Rollen — unver«
drofsen immer mit gleicher Frische und
Liebe, und spielt vor einem leeren
Hause ebenso trefflich und musterhaft,
wie vor einem übervollen. Zu Ende der
Fünfziger'Iahre verheirathete sich Rott
— zum zweiten Male — mit Marie
Lutz (geb. zu Wien im Jahre 1840)
10*
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Rosenberg-Rzikkowsky, Volume 27
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Rosenberg-Rzikkowsky
- Volume
- 27
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 386
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon