Page - 219 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Saal-Sawiczewski, Volume 28
Image of the Page - 219 -
Text of the Page - 219 -
Saphir 219 Saphir
ist, ihn eben in jener Scene zeigt, in
welcher seine humoristische Uneigennützig,
seit bei Anblick von einigen Goldstücken
sich zu entwickeln beginnt. Die Geschichte
wirbelte zu jener Zeit viel Staub auf.
und da S. in gewissen Kreisen auch seine
Gönner hatte, soll ihm gleichsam, um
diese Unbill zu verschmerzen, die Con«
cession eines belletristischen Blattes ver-
liehen worden sein. So entstand im
Jahre 1837 die Zeitschrift „Der Humo-
rist", der mit dem 1. Jänner genannten
Jahres sein Dasein begann und Hon
Saphir bis zu seinem Ableben redigirt
wurde. Die Geschichte dieser Redaction,
wie er die Autoren, namentlich jüngere
Talente, um Beitrage preßte, nie einen
Heller Honorar zahlte und doch das
Blatt zu einer ergiebigen Melkkuh für
sich machte, dieß Alles, so interessant es
wäre, zu erzählen, kann hier doch nur
angedeutet werden. Im vormärzlicben
Wien spielte Saphi r bis 1848 eine
große Rolle. Goedeke schildert sein
Auftreten und Vorgehen mit wenigen,
aber treffenden Worten. I n Wien. schreibt
er. begann Saphi r eine andere Rolle
als bisher; er machte die Literatur, wie
er sie auffaßte und allenfalls selbst Hand«
haben konnte, durch Zuhilfenahme der
Wohlthätigkeit salonfähig, indem er
declamatorische Abende veranstaltete,
deren Ertrag zu milden Zwecken bestimmt
und in anerkennendster Weise verwendet
wurde. Diese Akademien, in denen der
Wortwitz und die flache Logik vorwalte«
ten, hatten das Maß der alltäglichen
Durchschnittsbildung vor Augen und
erfreuten sich bei den gutmüthigen wohl»
thätigen Wienern großer Theilnahme,
trugen sehr viel ein und hoben Saphir 's
gesellschaftliche und literarische Stellung.
Mitunter machte er sogenannte Kunst,
reisen durch Deutschland, las seine eige- nen Witze und Geschichten vor, fand aber
nirgends mehr als die Theilnahme der
bloßen Ncugier. Die Wiener Marzrevo«
lution. der er anfangs nicht ausweichen
konnte, veranlaßte ihn. sobald als thun«
lich, Wien zu verlassen; er ging nach
Baden und kehrte erst, als Ie l l aö iä
anrückte, mit dessen Truppen zurück, um
seine journalistische Thätigkeit wieder
aufzunehmen. Nach seiner Rückkehr au5
Baden traf ihn, wie eine unserer Quellen
berichtet, ein schwerer Herzensschlag,
indem ihn das Weib. das er innig liebte,
an dem er mit ganzer Seele hing. an der
Hand eines jüngeren Mannes verließ.
Dieser Schlag traf ihn hart, so daß er
sich all' seine Lebtage nicht mehr davon
erholte. Der Wurm deS Kummers nagte
fort an seinem Herzen, der Körper brach
immer mehr zusammen, die Lust arn
Schaffen war geschwunden, man bemerkte
sogar an seinen Schriften eine Abnahme,
sie wurden blässer und matter, wenn eS
auch noch oft genial darin aufblitzte.
Um sich auS seiner trüben Stimmung
herauszureißen, reiste er im Jahre 1833
nach Paris und setzte seinen Ehrgeiz
darein, auch vor dem Kaiser sein Licht
leuchten zu lassen. Es gelang ihm, vor
dem Hofe eine seiner Soireen abzuhal»
ten; befriedigt kehrte er nach Wien zurück.
So Goedeke. Nach dem Achlundvier«
ziger«Iahre war seine Macht gebrochen.
Die Saphir-Bäuerle'sche Aera war
um. Wien hatte Anderes zu thun, als
mit. dem Saphir'schen „Wochenkrebs",
das war der stehende Titel eines seiner
Feuilletons, rückwärts zu schreiten und
lm Referat über eine Ballerina, wie es
Bäuerle's Zeitung brachte, über den
Jammer dieser Welt sich in den Thea«
terhimmel zu erheben. Saph i r , der
neuen Zeit nicht gewachsen, überhaupt
mit seinen Witzen für deS Lebens Ernst
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon