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Saphir 230 Saphir
ihn noch nicht verletzen, er hält sich noch
stets Miethlinge, die ihm fĂĽr Protection und
gute Worte Weihrauch streuen müssen." —
Zur Charakteristik Saphir'schen Witzes. DaĂź
Saph i r witzig, ungemein witzig war. wer
wird das bestatten? Dabei war er schlag,
fertig und parirte jeden ihm zugesckleuderten
Witz treffend und in malitiösestec Weise. So
z. V. begegnete ihm einst Castel l i , als S.
nut einem neuen Hute aus dem Kaufladen
trat. Sich' da. rief Castell i , Saphi r ein
Patentfilz! — Und mein lieber Ca stell i —
ein Wasserdichter, war Saphir 'S Antwort,
deren Bosheit und Harmlosigkeit in der
Zweideutigkeit des Wortes „Wasserdichter" als
Hauptwort und „wasserdichter", nämlich Hut.
gipfelt. — Saph i r war nie um eine Antwort
verlegen, und ein Vergleich, eine Antithese, ein
Bonmot von überraschender Wirkung spran»
gen blitzschnell ĂĽber seine Lippen. So ward
einmal bei einer Mahlzeit bei Rothschild,
zu welcher auch Saphir geladen, köstlicher
I^aei-^mks.Wein aufgetragen. Warum. Freund
Saphir , fragte Rothschild, heiĂźt wohl
dieser Wein I.aoi'viuNS Oki-isti? Weil, Herr
Baron, entgegnete Saphir , jeder gute Christ
Thränen vergißt, wenn ein Jude diesen Wtin
trinkt. — Seine CharakterisirungderMünchener
ist sprichwörtlich geblieben, sie lautet: Wenn
der MĂĽnchener des Morgens aufsteht, ist er
ein BierfaĂź, und wenn er Abends zu Bette
geht, ein Faß Bier — Als in Deutschland
die Kammerauflösunaen an der Tagesordnung
waren, bemerkte Saphi r treffend: Wenn
jetzt ein Blatt die Nachricht von einer Ein«
berufuny der Stände bringt, so sollte es
gleich wie zu einem RebuS hinzusehen: „Die
Auflösung folgt in einem der nächsten Blät>
ter". — Ein ander Mal ertappte eine Frau.
der Saphi r den Hof machte, den Humo-
risten eben im Momente, als er ihre Zofe
umarmen wollte. Saph i r wurde ĂĽber diese
Ueberraschung wohl verlegen, zog sich aber
sofort mit der Bemerkung aus der Verlegen'
heit: „Verehrte Frau. ich bewundere nicht
allein die Macht Ihrer Reize, sondern auch
die Reize Ihrer Maqd". — Viele seiner Aus>
sprĂĽche leben noch heute im Munde des
Volkes, und manches geflĂĽgelte Wort. an
dem man sich noch zur Stunde ergötzt, hat.
ohne daĂź man es weiĂź. Saph i r zum Vater.
Doch aber war sein Witz meist Wortwitz.
Sylbenspielerei, selten entsprang er aus der
Tiefe des GemĂĽthes, denn. wenn Saphi r
mitunter auch sentimentale Anwandlungen hatte, so war er doch immer gemĂĽthlos, und
in seinen lyrischen Dichtungen, die manche
Gedankmperle enthalten, wird die herrlichste
Stimmung oft durch ein seichtes Wottgetän»
del geradezu vernichtet. Am vollendetsten war
er immer im Wortspiele; als ihm z. V. ein
Componist, den er im „Humoristen" getadelt,
wĂĽthend zmirf: Warten Sie nur, die Zeit
kommt noch, daĂź ich Sie in Wuth setzen
werde, erwiederte S.: Setzen Sie mich. in
was Sie wollen, nur nicht in Musik; und
,ein ander Mal. als c»n der Tafel die
Toaste auf die berĂĽhmtesten alten Musiker.
Mozar t . Haydn. Gluck. Rossini u.
s. w., von Saphi r ausgebracht wurden,
fragte ihn ein junger Compositeur, warum
er nur die alten Musiker leben lassr? O, rief
Saphir , der Toast auf die neuen folgt
jetzt, meine Herren, die neueste Oper des
Herrn . . . . hier soll leben und somit laĂź ich
viele alte und neue Compositeure zugleich
leben. Der Componist soll sich nie wieder
einen Toast von S. erbeten haben. (Quellen
)ur Charakteristik. Argus. Herausg. von
E. M. Oett inger (Hamburg, schm. 4».)
.188?, Nr. 166: „Saphir, der Sänger der
„wilden Rosen". — (Cz art oryski's) Mo<
natsclnift fĂĽr Theater und Musik. Herausge.
der: Joseph Klemm (Wien, Wallishausser.
4«.) IV. Jahrg. (1858). S. 498: M. G. Sa>
phir" «^,'ine treffende Charakteristik Saphir'S
des Schriftstellers und Kritikers; eine Ergän.
zung des trefflichen Artikels von HieronymuS
Lorm über Saphir) . — Frankl (Ludw.
Aug,). Sonntageblatter (Wien, 8».) I I . Jahr»
gang (l843), S. 294: „Von Saphir oder von
Bästhy" ^Nachweis eines an Saph i r bc»
gangenen Plagiats, was ĂĽbrigens nicht viel
bedeuten will. denn Saph i r nahm sich auch
die Sachen, wo er sie eben fand). — Goe-
deke (Karl), GrundriĂź zur Geschichte der
deutschen Dichtung. Aus den Quellen (Han-
novrr 1863. L. Ehlermann. 8".) Vd. I I I ,
S. 587. Nr. 62. — Oottsch a l l (Rudolph),
Die deutsche Nationalliteraiur in der ersten
Hälfte des neunzehnten Jahrhunderte. Literar»
historisch und kritisch dargestellt. Zweite verm.
u. verb. Aufl. (Breslau 186l, Trewendt, 8°)
Vd. I I I , S. <23. — Gr äffer (Franz), Wie.
ner DosenstĂĽcte u. s. w. (Wien 4852, I . F.
Groß. 8°.) Theil I, S. 63. im Artikel: „Beg.
giana". ^Der ingeniöse Wiener Bäckermeister
Georg W. (immer), dem eine Menge köstlicher
Wortwitze in den Mund gelegt werden,
nannte Saph i r einen „Wellschwadeser".
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Saal-Sawiczewski, Volume 28
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Saal-Sawiczewski
- Volume
- 28
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1874
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 414
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon