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Sch«chn» Schachner
tor Sulz er zuerst im alten Musikver
emssaale und Karl Form es in einem
Concerte im Theater an der Wien unter
brausendem Hurrahrufe der anwesenden
Polen sang. I n dieser bewegten Zeit
verfiel S. auf einen eigenthümlichen Ge-
danken. Wie Orpheus die Thiere durch
die Töne seiner 3eier bezwang, so meinte
S< die Studenten, die damals statt studr
rm regieren wollten, durch einen Gesang«
verein den politischen Diatriben zu ent<
ziehen und gerieth mit Cantor Sulzer
auf die Idee. einen akademischen Gesang
verein zu gründen. Die beim Ministerium
eingeholte Bewilligung wurde erlangt, in
kürzester Frist waren auch über 800 Mit
glieder dem Vereine beigetreten. Aber
waS sollte ein friedlicher, künstlerische
Zwecke anstrebender Verein in so beweg
ter Zeit! Die Sache blieb ohne eigent»
lichen Erfolg. Als die Wogen der Be-
wegung ftch immer höher stauten, verließ
S., wie er es alljährlich zu thun pflegte.
Wien und reiste Ende August nach
München, um daselbst seine Erzieherin zu
besuchen. I n jener Zeit verkehrte S. viel
mit dem ihm von früher her befreundeten
Ludwig Schwanthaler, der schon
damals sehr leidend war. aber trotz seiner
geschwollenen Hände Schachner's Bild-
niß modellirte. Er vollendete es in einem
lebensgroßen Medaillon sn 5aos, Kaut
rsiiek und befindet sich dasselbe zu Mün«
chen im Schwanthaler.Museum (Nr. 88).
Als indessen die Ereignisse m Wien sich
immer drohender gestalteten und jene im
October daS Schlimmste befürchten ließen,
kehrte S.. in der Sorge, seine kleine Habe
zu verlieren, nach Wien zurück, wo er
am 13. October über Nußdorf ankam.
Nachdem er seine Sachen in Sicherheit ge»
bracht, begab er sich nach Baden nächst
Wien. um dort den Schluß der Ereignisse,
der nicht lange mehr auf sich warten lassen konnte, abzuwarten. Als dann im
November der Belagerungszustand über
Wien verhängt worden, kehrte S. aus
Baden dahin zurück und wohnte durch
Zufall der Hinrichtung Becher's und
Iel l inek'g, welche ihm Beide befreun«
det waren, bei. Diese zahlreichen Acte
soldatischer Brutalität in jenen Tagen
verleideten S.. wie vielen Anderen, den
Aufenthalt in Wien, dessen Physiognomie
völlig verändert war. Alles künstlerische
und somit auch das Musikleben war
erstorben, man machte nur Musik in klei.
nen Kreisen und einen solchen fand S.
damals bei William Grey, Secretär
der englischen Botschaft. NlS darauf im
Jahre 1830 Lord Weftmoreland als
englischer Gesandter nach Wien kam,
wurde auch S. in dessen Hause, da der
Lord Mufikenthufiast war — d. h. eigent«
lich mehr Enthusiast seiner eigenen Musik,
da er selbst componirte — eingeführt
und bald ein täglicher Gast desselben.
Lord Westmoreland schilderte S. das
musikalische Leben in London in so ver-
lockender Weise, daß dieser beschloß,
Wien, wo die Zustände noch immer
höchst unerquicklich waren, zu verlassen.
Er führte diesen Entschluß auch anfangs
1832 auS, verließ Wien und begab sich
über München nach London, wo er seit«
her seine bleibende Stätte aufschlug. Eine
günstige, wenngleich befremdende That-
sache war es. daß S. feine Compositio»
nen bei einigen Londoner Musikverlegern
so bei Jules Bened ict und bei Addi«
son, nachgedruckt fand. Durch Ernpfeh«
lungsbriefe erhielt S. Eintritt bei mehre«
ren Familien, in denen viel Musik gelrie»
ben wurde. S. wurde oft gebeten, in
denselben sich hören zu lassen, wurde
aber auch immer sehr reich honorirt, ein
Gebrauch, der weder in Wien noch in
Paris vorkommt, wo die Ehre, eingela«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon