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Schaguna 87 Schaguna
jeden Ausbruch einer bedrohlichen Be.
wegung hintanzuhalten. Einen gleich
beschwichtigenden Einfluß übte S. am
3. bis 48. Mai 1848 aus, als zu Bla-
sendorf die denkwürdige große Volks»
Versammlung stattfand. Kossuth'sche
Emissäre und der zur Führerschaft be»
rufene griechisch-unirte Bischof Lemeny
entwickelten eine ungemein rege Thätig«
keit. Um die Union Siebenbürgens mit
Ungarn zu erzielen, verbreiteten sie im
Volke die Nachricht, daß alle in Folge
der Märzereignifse eingetretenen Erleich«
terungen und Befreiungen nicht auf kai-
serlichen Befehl gegeben, sondern Ge>
schenke der Demokratie seien. Es galt
nun auf dieser Versammlung, auf wel«
cher die Parteien rastlos und mit allen
ihnen zu Gebote stehenden erlaubten und
unerlaubten Mitteln zu wirken suchten,
das Volk über den wahren Sachverhalt
aufzuklären, und da war es Bischof S.,
welcher in der Versammlung sich Gehör
und unbedingtes Vertrauen zu verschaffen
wußte, so daß durchwegs denKossuth»
schen Agitationen entgegengesetzte Be<
schlüfse gefaßt wurden. Um diesen Be»
schlüffen eine höhere Weihe und dadurch
die Möglichkeit dauernder Giltigkeit zu
verleihen, ließ S. die Versammlung die«
selben mit dem Eide besiegeln, hielt dann
einen feierlichen Gottesdienst, während
das anwesende Militär die Salven gab.
Nun verfügte sich S< an der Spitze einer
National-Deputation, welche von der
Versammlung beauftragt war, dem Kai»
ser Ferdinand die Huldigung der
romanischen Nation und daS Gelöbniß
unverbrüchlicher Treue für die kaiserliche
Regierung darzubringen und auSzuspre»
chen, nach Innsbruck. wo sich damals
das kaiserliche Hoflager befand. I m
kaiserlichen Auftrage begab sich S. nun
nach Pesth, um dort die weiteren Befehle zu erwarten. Indessen hatten die Rei-
bungen zwischen Magyaren, Croaten und
Serben eine immer bedenklichere Form
angenommen. Ueber Einladung des
Erzherzogs. Palatin nahm S. an den
Verhandlungen des ungarischen Land«
tages, jedoch nur als stiller Beobachter,
Theil; da aber die Haltung der Magya«
ren gegen die ihr Land bewohnenden
Völkerschaften immer feindseliger wurde,
als nun gar der Mord des kaiserlichen
Abgesandten, des Grafen Iamberg,
auf der Pesther Brücke stattgefunden
und alle Elemente der Revolution ent»
fesselte, beschloß S., den Landtag zu
verlassen und in seine Diöcese zurückzu-
kehren. Auf der Rückreise hatte er von
Seite der fanatifirten Magyaren alle nur
erdenklichen Unbilden zu erdulden, er
wurde mit Koth beworfen, öffentlich be.
schimpft und sogar an seinem Leben
bedroht. Unter solchen Umstanden ge-
langte er nach Hermannstadt, wo er dem
General Puchner ^Bd. XXIV, S. 49)
ein genaues Bild der Verhältnisse in der
Hauptstadt und im ganzen Lande gab,
worauf dieser die Proklamation ääo.
18. October 1848 erließ, in welcher er
bekannt gab, daß er die Zügel der Regie«
rung des Großfürstenthums Siebenbür«
gen in seine Hände nahm. Alsbald dar»
nach brach die Revolution offen aus und
das Gemetzel zwischen den Ungarn be>
wohnenden Völkerschaften nahm in noch
nickt dagewesener Weise seinen Gang.
Da berief Schaguna am 26.Decembec
1848 neuerdings eine Versammlung
sämmtlicher Decane, einflußreichen Pfar»
rer und sonstigen intelligenten und ver«
mögenden Personen, um die Maßregeln
zur Aufrechthaltung der gesetzlichen Ord«
nung und Sicherheit festzustellen. Alsbald
darauf Kaiser Franz Joseph I. den
Thron seiner Ahnen bestieg, begab sich
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon