Page - 132 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sax-Schimpf, Volume 29
Image of the Page - 132 -
Text of the Page - 132 -
Schaufelt 132 Schaufelt
zwar kein Fortschritt sichtbar, aber es
gefiel. S. entwickelte während der kur
zen Frist, die ihm zu schaffen gegönnt
war, eine fast fieberhafte Thätigkeit.
Hier folgt nun die Liste jener Stücke,
die er. wie man berichtet, fertig im
Pulte liegen hatte: „Ein seltsamer
Prinz"; — „Actuar Lachmann's Hoch<
zeitsreise"; — „Paganini's Brautwer.
bung; — „Der GaiSbock von 3am<
brecht"; — „Ein Kuß zur reckten Zeit";
— „Prinz Amadeus"; — „Das Muße-
stündcken des Ministers"; — „Die kai-
serliche Einquartierung"', — „Schlaflose
Erben". Diese Skizze möge mit dem
geistvollen Urtheile eines seiner Preis,
richter schließen, der auch eine ergötzliche
Silhouette der Persönlichkeit des Dich-
ters zeichnet. Schaufert, schreibt Lud»
wig Speidel . war ein lang aufge«
schoffener. etwas engbrüstiger junger
Mann mit einem auf dünnem Halse
sitzenden kleinen Kopfe, der sich ausnahm
wie der Punct auf einem i. Aus den
nickt eben bedeutenden Zügen sprach
Gutmüthigkeit und auch ein wenig Schel.
merei. Als er nach der Aufführung seines
„Schach dem König" von der Bühne
herab erscheint, um dem Publicum für
die beifällige Aufnahme seines Stückes
zu danken, da zeigt er fich, schreibt Spei»
del. wie er ist. das heißi. ganz so wie
sein Stück ist. Er tragt gerne einen Blu»
menstrauß mit sich, von dem er das
Artigste vermuthen läßt. Er spielt den
Elegant, indem er etwas verbrauchte
Handschuhe zwischen den Fingern ver-
krumpelt; er gibt sich als eimn Teufels-
kerl, der mit großen Werken ob>ne Maß
und Zahl droht. Das ist der Pfälzer.
ganz wie er in Scha ufert 's Lustspiel
lebt. Der Pfälzer ist burschikos und der
Pfälzer Student ist es doppelt. Der
Pfälzer ist ein geborner Renommist, und diese Eigenschaft muß am Boden haften,
denn selbst der Pfälzer Wein mit seiner
aufdringlichen Heublume ist ein prahle-
rischer, lärmender Patron, welcher der
stillen Größe der Rheingauer Gewächse
nicht an die Knie reicht. Aber mitten
durch dieses großsprecherische Wesen läuft
eine gemüthlicke Ader und die Unbefan«
genheit, mit der sich der Pfälzer als einen
ausgemachten Mordkerl gibt, dämpft den
Zorn und löst ihn in lächelndes Wohl»
gefallen auf. Man kann über Schau«
fert 's „Schach dem König" herzlich
lachen, aber auch sein Optimismus in
Bezug auf sein eigenes dramatisches
Talent konnte ein Lächeln abnöthigen.
Was Speidel über den „Schach dem
König" sckreibt, gilt auch von den ande«
ren bekannt gewordenen Stücken Scha u-
fert's. ES wimmelt darin von lustigen
Einfällen, die allerdings nicht immer den
besten Geschmack verrathen; es ist reich
an frischen, von der Leber weg gesproche»
nen Worten; es hat ein paar Scenen,
die mit zwingender Komik wirken. Da-
mit aber sind wir fertig. Die Führung
der Action ist höchst mittelmaßig, die
handelnden Figuren haben nur eine
Oberfläche, keine Seele. ES fehlt das
Kernhafte, das Gediegene in Schau»
fert's Talent. Ihm war der schwär»
mende Sinn der Biene eigen, der von
Blume zu Blume führt, aber nicht
ihre bauende, Zellen gestaltende Kraft.
Kurz. Schaufert war kein Künstler.
. . . Aber es gibt Etwas. daS im Lust.
spiele den Mangel an Form einiger«
maßen ersetzt und das ist die lebendige
Gegenwart einer ursprünglich fröhlichen
Natur. Und eine Natur von ursprüng«
licher Fröhlichkeit war Schaufert ohne
Zweifel. — Speidel gibt unS auch
Aufschluß über die Sinneswandelung,
die mit S. vorgegangen. „ Im Herbste
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon