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Schiedermayr 27t hiedermayr
Als im Jahre 1821 durch die Gründung
der Gesellschaft der Musiksreunde in Linz
den ausübenden Tonkünstlern ein Ver«
einigungspunct, den vielen Verehrern
dieser Kunst aber die Gelegenheit geboten
wurde, auch größere Musikstücke zu hören,
erhielt S. das Ehrenamt eines Leiters
am Clavier, bald auch den Unterricht
der nebenbei gegründeten Gesangschule,
eine Aufgabe, deren zweckmäßige Durch«
führung er sich auf das Ernftlichste ange»
legen sein ließ. Obgleich er 1837 diese
Anstellung zurückgelegt und das Diplom
eines Ehrenmitgliedes erhalten hatte,
wurde doch seine wirksame Thätigkeit
spater zur Direction der Gesellschafts.
Concerte wieder in Anspruch genommen,
wie er denn auch für die Gesellschaft
wirkte, so lange es ihm gegönnt war.
Gleiche Thätigkeit entwickelte er auch als
Theater-Capellmeister, und wenn diese
Stelle gleich vermöge der eigenthüm»
lichen damit verknüpften Verhältnisse
nicht immer die Quelle ungetrübter
Freuden war, so bot ihm gerade dieses
Amt, das er gleichfalls mit kurzer Unter«
brechung fast bis an sein Ende versah,
die schönste Veranlassung, sich mit den
vorzüglichsten neueren Erscheinungen auf
diesem Gebiete bekannt, vertraut zu nia>
chen und seine eigene schöpferische Kraft
fortwährend anzuregen und zu beleben,
gleichwie er auch in dem Zeitraume,
so lange er dieses Amt bekleidete, viele
Individuen heranbildete, die später einen
ausgezeichneten künstlerischen Ruf er«
langten. — Doch sein eigentlichstes Le-
benselernent war und blieb die Ton«
kunst im Dienste der Religion. War ihm
der heiße Wunsch seiner Jugend, dem
Clericalstande anzugehören, nicht gelun-
gen, so wollte er doch in seiner gegen-
wältigen Stellung Alles beitragen, um
die kirchliche Feier zu erhöhen und durch die Himmelstöne der Orgel das religiöse
Gemüth empfänglicher zu stimmen, ihm
gleichsam jene Schwingen zu verleihen,
die es bedarf, um sich zum Höchsten zu
erheben. Da kam ihm jene von früher
Jugend auf genoffene Aus- und Durch,
bildung sehr zu statten; er kannte und
beherrschte aber auch die ganze Tonfülle
und Macht seines Instrumentes und be«
handelte es mit einer Meisterschaft, die
von zweien der vorzüglichsten Meister,
den Abbö's Stadler und Vogler,
ehrenvoll anerkannt wurde. Erstrecken sich
seine Compositionen gleich über alle
Zweige der Musik, so war es doch vor-
zugsweise die Kirchenmusik — zumal die
Kirchenmusik auf dem Lande — die er zu
läutern, zu fördern, zu heben suchte.
Daher zeichnen sich die meisten seiner
gestochenen Messen — zwanzig an der
Zahl — außer einer gewissen Anmuth und
Heiterkeit, durch leichte Besetzbarkeit aus,
sowie die Primiz-. Oster- und Pastoral,
messe und die gelungenste in V. — die
auch seine Begräbnißfeier verherrlichte —
den Anforderungen sogar des strengeren
Kirchenstyles entsprechend gefunden wer«
den dürften. Lebendig überzeugt, wie sehr
eine geordnete Kirchenmusik das Gemüth
der Zuhörer zur Andacht und Frömmig'
keit zu stimmen berufen sei, war ihm auch
nichts unausstehlicher, als die sogenann«
ten Tagwerker in der Mufik, die ohne
Gefühl, ohne Ausdruck, ohne Geist ihr
Blatt herabspielten, aber eben dadurch
der Erreichung des schönsten Zweckes der
Kirchenmusik verlustig gingen.Einige seiner
heitersten Stunden brachte er, wie er sich
überhaupt gerne an Geistliche anschloß,
in einem geistlichen Hause zu, wo sich
öfter ein auserlesenes Doppelquartett zu«
sammenfand. Da zeigten sich mit einem
Male die Keime einer Brandbeule
x) am Genicke. Den vielen Vor.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon