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Zchikaneder 301 Schikaneder
stand. S. aber kehrte nach Bayern zurück
und versuchte es, eine neue Gesellschaft
zu bilden, was ihm endlich auch gelang.
Mit dieser Truppe spielte S. in mehreren
Reichsstädten und zuletzt in Regensburg,
wo er so gute Einnahmen machte, daß
er sich einigermaßen wieder erholte. In«
dessen hatte seine Frau in Wien die Lei«
tung des Theaters im Freihause über»
nommen. S. gab nun seine Direction in
Regensburg auf und begab sich nach
Wien, wo er die Leitung der Bühne von
seiner Frau übernahm. Von dieser Zeit
blieb S< in Wien, wo er die verschieden-
sten Wandlungen und Geschicke bis zu
seinem traurigen Lebensende durchmachte.
Er würde ungeachtet seiner Schicksale,
die mitunter viel von ihm reden machten,
zuletzt doch ebenso verschollen sein, wie
etwa die Namen Carl und Pokorny,
wenn nicht die Verbindung seines Na«
mens mit dem eines Unsterblichen, mit
Mozart , ihn der Vergessenheit entzöge.
Durch dieSchikanedern zugeschriebene
Autorschaft der „Zauberfiöte", zu wel«
cher Mozart seine unsterblichen Melo«
dien componirte, ist S.. wie Borne
sagt. unvergänglich geworden, wie die
Mücke im Bernsteine. I n Wien hatte
S. mit seinen komischen Rollen Glück
gemacht, auch seine daselbst zur Auffüh.
rung gebrachten Stücke fanden Beifall.
Man will wissen, daß S., wie an der
„Zauberflöte", so auch an anderen, unter
seinem Namen geschriebenen Stücken nur
geringen Antheil habe. Die eigentliche
Autorschaft der meisten schrieb man einem
Geistlichen, Namens Wüst, zu, der um
jene Zeit als Curat bei St. Stephan
lebte und sich mit großer Vorliebe mit
dramatischen Arbeiten, vornehmlich mit
Zauberstücken befaßte, für welche er dann
auch die Modelle zu den Maschinerien ver-
fertigte. DieRichtigkeitdieferAngabe möge dahingestellt bleiben. Was aber vornehm-
lich die Autorschaft der so berühmt und
unvergänglich gewordenen „Zauberstöte"
betrifft, so wird sie hinsichtlich des Textes
ihm mit Bestimmtheit abgesprochen. ES
ist nicht Sache dieses Lexikons, die Sache
im Einzelnen darzustellen; die unten
angegebenen Quellen geben hinreichende
Aufschlüsse über den Sachverhalt. Der
eigentliche Verfasser der „Zauberfiöte".
der jedoch zu Gunsten Schikaneder's
der Autorschaft sich begeben mußte, ist
Karl Ludwig Giesecke. der unter Schi»
kaned er seine Laufbahn als Schauspie,
ler begann und zuletzt Professor der
Mineralogie zu Dublin wurde. DieseS
Lexikon gedenkt seiner im V. Bande.
S. 180. Giesecke hatte das Stück
geschrieben, aber den Stoff auch nicht
aus seimr Phantasie genommen, sondern
war dazu durch em noch immer interes»
santeS Buch angeregt worden, welches
sich betitelt: „ZetlwL. NiLtoiro on vie>
üo8 in.0QUiu.6Q2 HueoäotSZ äo
. Iraäuito
(Amsterdam 1742).
Von diesem Buche erschien im Jahre
1777 zu Breslau eine von dem berührn»
ten Wandsbecker Boten Mathias Clau»
dius bewerkstelligte deutsche Uebersetzung
und diese mochte Giesecke gekannt und
benützt haben. Schikaneder machte
an der von seinem Schauspieler ihm vor-
gelegten Arbeit mancherlei Aenderungen,
wie Directoren es zu thun pflegen und,
wie denn auch heutzutage bei Dramen-
dichtern die Unsitte herrscht, nahm er es
mit der Original-Autorschaft eben nicht
gar zu strenge und setzte seinen Namen
als Verfasser auf das Stück. Die Musik
dazu schrieb, wie bekannt, Mozar t ,
auch in dieser mußte S., den Geist seines
Publicums genauer kennend, als Mo>
zart, einige kleine Aenderungen vorneh«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sax-Schimpf, Volume 29
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sax-Schimpf
- Volume
- 29
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 374
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon