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Schlegel 73 Schlegel
nen „Lucinde", welche Verherrlichung
der Wolluft eine kleine Literatur in's
Leben rief, von S. aber, als er die miß»
billigenden Stimmen von so vielen Sei»
ten gegen seine Schrift sich erheben sah,
nicht vollendet wurde. I m Jahre 1800
begab er sich nach Jena und hielt dort
philosophische Vorlesungen, während er
immer wieder neue literarische und poe>
tische Arbeiten veröffentlichte, unter welch
letzteren sein Trauerspiel: „Alarcos", ein
verunglückter Versuch, einen romantischen
Stoff in der Form der altgrichischen
Tragödie durchzuführen, zunächst anzu-
führen ist. I n den Jahren 1802 bis
1807 brachte er längere Zeit in Dresden,
dann in Paris zu, an welch letzterem
Orte er sich mit Forschungen überIeanne
d'Arc beschäftigte und durch die Ver«
offentlichung der Sammlung romantischer
Dichtungen deS Mittelatters in dankens«
werther Weise zur näheren Kenntniß der
altfranzösischen Ritterromane beitrug.
I n diese Jahre fällt auch seine Vermä»
lung mit des berühmten Mos. Men-
delssohn Tochter Dorothea, welche
S. als Gemalin des israelitischen Kauf»
manns S imon Veit. kennen gelernt
hatte. Das anfänglich freundschaftliche
Verhältniß zwischen Beiden ging allmalig
in Liebe über; die Ehe mit Veit wurde
gelöst und 1802 jene mit Schlegel
geschloffen; als Schlegel sich nach Paris
begao, folgte ihm Dorothea dahin,
wurde dort Christin und trat später in
Cöln mit ihrem Gatten zur katholischen
Religion über. Schlegel's Uebertritt
erfolgte, wie aus Boisseräe's Tagebuch
(Bd. I, S. 44) erhellet, am 16. April
1308 und hängt unbedingt mit seinem
(Antritte in österreichische Dienste zusam«
men. Mit Dorothea, behauptet man,
trat ein Wendepunct und leider nicht
^um Besseren in S.'6 Leben ein. Man bezeichnet Dorothea als seinen bösen
Genius, der zunächst den verderblichen
Einfluß auf seinen schriftstellerischen Cha-
rakter übte. da er sich nun immer tiefer
in das Dunkel religiöser Schwärmerei
versenkend. offen als Feind der politi.
schen und religiösen Freiheit zeigte.
Ein bereits früher begonnenes Drama:
^Karl V." wollte er nunmehr vollenden
und begab sich zu diesem Zwecke 1808
nach Wien, wo er schon im folgenden
Jahre in die österreichischen Dienste trat,
und zwar zunächst als k. k. Hossecretar,
in welcher Eigenschaft er dem Haupt»
quartiere des Erzherzogs Kar l zugewie»
sen wurde, in welchem er jene energischen
Aufrufe verfaßte, welche in diesem denk«
würdigen Kriegsjahre die Erhebung deS
Volkes bewirkten und zum Kampfegegen
den Frankenkaiser entstammten. Daß hin«
ter diesem aufregenden Gebaren nicht
Patriotismus, sondern eben nur Gelegen»
heitsmacherei steckte, wie denn die Mehr»
zahl der in bedrängten Tagen nach Oester-
reich berufenen Ausländer nichts weniger
als Patrioten, sondern meist einfach Plus»
macher sind, welche
sich
mit österreichischem
Gelde mästen und wenn nichts mehr zu
holen, sich auf die Strümpfe machen,
zeigte sich auch bei Herrn FriedrichSchle«
gel, der eben ein Gutschimcker war, und
als die Rebhühner und andere Lecker-
bissen rar wurden in Wien, sie wo an>
ders aufsuchte. Der vorerwähnte Patrio«
tismus. den er in jenen Aufrufen nieder»
legte, hielt auch nicht mehr vor. als sich
das Glück unserer Waffen wendete. Von
der Politik und Publicistik wendete er
sich nun wieder semer literarischen Be«
schaftigung zu und hielt in Wien Vor«
lesungen über die neuere Geschichte und
über die Geschichte der alten und neuen
Literatur, in welchen der Schlegel'sche
Geist sicb nicht verkennen läßt, wenn-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon