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Schlegel 74 Schlegel
gleich die letzteren schon jenen mystischen
Zug an sich tragen, mit dem Renegaten
mit oder ohne Ueberzeugung gewöhnlich
kokettiren. Damals. 4810, gründete er
den in der Geschichte deS deutschen Zei«
tungswesens immer denkwürdig bleiben-
den „Oesterreichischen Beobachter", der
am t. Jänner 1811 aus seinen Handen
in jene des Herrn von Pi la t ^Bd. XXII ,
S. 281^ überging, dessen Name nun von
dem des BlatteS unzertrennlich bleibt.
Im folgenden Jahre begründete er das
„DeutscheMuseum", das mit 24Monats-
heften im Jahre 18 l3 sein Ende erreichte.
Indessen hatten einige diplomatische
Schriftstücke Mettern ich's Aufmerk-
samkeit auf S. gelenkt, der den gewand-
ten geistvollen Stylisten zum Legations,
rathe der österreichischen Gesandtschaft
bei dem Bundestage ernannte. Nach
mehrjähriger Verwendung auf diesem
Posten kehrte S. im Jahre 1818 nach
Wien zurück, wo er die Herausgabe der
Zeitschrift „Concordia". 1820, begann,
mit welcher er nichts Geringeres bezweckt,
als alle Confessionen in den Schooß der
allein selig machenden Kirche zurückzu«
führen, ein Problem, dessen Lösung ihm
nicht im Entferntesten gelang, indessen
bezeugte ihm Se. Heiligkeit der Papst
sein Wohlgefallen für dieses Vorhaben,
indem er S. mit dem Christus»Orden
schmückte. Nun besorgte er im Vereine
mit Tieck die Herausgabe der Schriften
von Noval is , den die Romantiker, als
deren Führer eben beide Schlegel gal»
ten. als ihren Hohenpriester verehrten;
beschäftigte sich zur beabsichtigten Her«
ausgäbe mit der Sammlung seiner eige«
nen Werke, hielt in Wien 1827 öffent-
liche Vorträge über die Philosophie deS
Lebens. 1828 über Philosophie der Ge-
schichte, welche er aucd veröffentlichte und
in welch beiden Werken sich neben vielem Geistvollen, das ja doch von Arbeiten
eines Schlegel unzertrennbar ist. noch
immer genug Spuren seiner dunkelmän-
Nischen Tendenzen entdecken lassen. Im
letztgenannten Jahre führten ihn Fami-
lienangelegenheiten nach Dresden, wo er
zu gleicher Zeit philosophisch.asthetische
Vortrage hielt, als ihn am 12. Jänner
1829 im Alter von erst 37 Jahren ein
Stickfluß aus der Reihe der Lebenden
riß. Friedrich Schlegel zahlt, wie
sein Bruder August, zu den einstuß.
reichsten Schriftstellern der deutschen Na«
tion, sie waren so zu lagen die Häupter
der romantischen Schule, so daß man
ihre große Anzahl Jünger und Nach«
treter nach ihrem Namen: die Schle»
gelianer bezeichnete. Eine der traurig»
sten Verirrungen in Friedrich S.'s
Charakter, die sicb aber. wenn man diesen
wollüstigen Sybariten dem idealen Schil»
ler gegenüber hält, leicht erklart, ist sein
kleinlicher Neid gegen Schil ler, der
sich in matten Witzen gegen den Dichter
und einige jener Werke Schiller's
wendet, die noch heute als seine Herr.
lichsten gepriesen werden. So z. B. be«
geifert er das Lied von der Glocke und
das herrliche von der Würde der Frauen :
„Ach wie gefällt die Glocke dem Volk
und die Würde der Frauen, j Weil im
Tacte da klingt Alles, was sittlich und
platt", und gegen die WallensteiN'Trilogie
und andere Dramen: „Welches Schicksal l
Er heißt Piccolommi; dennoch ist keiner >
Vioool Homo so sehr, als der es pickelte
selbst" (!) und: „Wallenstein hast du. die
Stuart sodann zu Dramen geschichtet s
Mach' nun den Robinson auch sauber
zum tragischen Stück". Dieses unwürdige
Verhalten Friedrich S.'s gegen S chi l»
l e r zielte vornehmlich darauf hin. S chi l-
ler mit Goethe zu entzweien, waS ihm
aber nicht gelang. Schlegel hat nach
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon