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Schlesinger Schlestnger
losophie und Mitglied deS Vereins für die
beschichte der Deutschen in Böhmen, welcher
seine „Geschichte Böhmens" (Prag und Leip«
zig 18N9. gr. t>o.), wovon im Jahre 1870
eine zweite vermehrte und verbesserte Auflage,
erschienen ist, herausgegeben hat. Schlesin»
g er's „Geschichte" tritt demonstrativ gegen
die Darstellung auf, welche Herrn Palacky
beliebte. Er schreibt die Geschickte in deut.
schem Geiste. Die Glorisicirung öechiscner
Vergangenheit auf Kosten der Wahrheit, wie
sie in Herrn Sybel 's „Zeitschrift" zu finden,
der natürlich selbst daran nicht glaubt, dem
es aber in seine nicht historischen, sondern
politischen Tendenzen eben paßt, die leiden«
schaftlicke Opposition Palacky's gegen die
Deutschen, die in seiner Geschichte Böhmens
auf jeder Seite und mit absichtlicher Entstel.
lung der Thatsachen hervortrat und der sich
so weit vergißt, die Deutschen ein „Räuber«
volk" zu nennen — die Deutschen den 6echen
gegenüber ein Räubervolk!!! — Alles das
findet in Ludwig Sch le sing er's Buche eine
ruhige, mit historischen Thatsachen bekräftigte
Abfertigung, und ift diescs Welk somit für
die Deutschen ebenso wohl in Böhmen, als
in anderen Ländern bemrrkenßwerth. Dem
Verfasser hat leine Vaterstadt Oberleutens»
dorf, im Saaßer Kreise, das Ehrenbürgerrecht
verliehen. — 7. Max Schlesinger (geb.
zu Kißmarton in Ungarn im Jahre 18!?2).
Von israelitischen Eltern. studirte in Prag
und Wien, zuletzt die Medicin und wurde
Arzt; die große Bewegung des Jahres 1843
berief ihn jedoch auf das politische Feld, er
wurde Redacteur; im November l848 stand
er vor dem Wiener Kriegsgerichte, wurde ent<
lassen und ging nach Berlin, aber im nächsten
Jahre nach London, wo er heirathete und im
nämlichen Jahre die lithographirtc „englische!
Korrespondenz" gründete. In England ist er!
seither als deutscher und englichcr Schrift. !
stellrr thatig. Selbstständig hat er heraus« ^
gegeben: „Aus Ungarn" (Berlin 1830. Dun-^
cker. 80,; zweite Aufl, im näml. Jahre); — ^
„Wanderungen durch London", 2 Bde. (ebd. !
1832 u. 1838. 8"). Sein erstgenanntes Werk: !
„Aus Ungarn" hat bei seinem Erscheimn Auf» !
sehen erregt. Die Mitte haltend zwischen poli» !
tischer und touristischer Faffung, schildert eö i
die allem Anscheine nach in nächster Nahe >
angeschauten grellen Ereignisse jener Tage!
mit nicht weniger grellen Farben, aber mit!
Re mbrand t'scher Meisterschaft. Noch ma>
gyarischcr als die Magyaren, macht uns 2. bei der Pracht der Darstellung die patiiotische
Fassung fast vergessen. Von dem zweiten
Buche ist in prachtvoll illustrirter Ausstattung
eine englische Uebcrsetzung erschienen. Und die
Kritik hat dem geistvollen Autor volle Gerech,
tigkcit widerfahren lassen. Urberdieß ist S.
ein flrißiger Correspondent und die „Neue
freie Presse" bringt von Zeit zu Zeit seine
mit ebenso viel Friscke als Sachünntniß ge«
schriebenen Londoner Feuilletons. Im Juni
1867 kam im Varistös-Theater in der „Neuen
Welt" in Hietzing das einaclige Genrebild:
„Ein Ausgleich mit Ungarn", zur Auffüh-
rung, als dessen Autor ein Mar Sch lesin,
ger bezeichnet war. Ob es vorgenannten
Schriftsteller zum Verfasser hat. kann ich nicht
sagen. ^Jahrbuch für Israeliten 3616 (l833
bis I8ö6). Herausg. vsn Ios. Werthei-
mer Neue Folge, I I . Iabrg. (Wien 1833).
S. 1i)1. in der „Ehrentafel österreichischer
Juden". — Jüdisches Athenäum. Galle-
rie berühmter Männer jüdischer Abstammung
und jüdischen Glaubens (Grimma und Leip»
zig I85l. Verlags-Comptoir 12«.) S. 220.^ j —
8. Mor iz S ch lesing er, siehe S. 91, Nr. 1.
im Texte zu Heinrich W Schl.. zu Ende.
— 9. Nanette Schlesinger (geb. zu Wn-n
im Iavre 1789. gest. ebenda 2X. April 1867).
Entstammt einer jüdischen, unter verschiedenen
Namen noch heute blühenden Familie. Ihr
Vater A. Todes co war ein geburner Preß-
burger. Ein Bruder ihres Vaters nahm den
Familiennamen Löwy an und direct uon
diesem stammt der Gelehrte Herma nn Löwy
ab. Ein anderer Zweig dirser Familie führt
den Namen Rechn itz und hat sich derselbe
vornehmlich durch seinen Wohlthätigkeitssinn
hervorgethan, wie dieß die namhaften Stif-
tungen und Legate, welche derselbe zum
Besten der Picßburger Israelitengemeinde
gemacht hat, bezeugen. Nanette T'odesco
heirathete den Israelitcn Schlesinger. Seit
dem Jahre 181? etwa lebte sie in Wien, wo
sie seit Jahren im Verborgenen Wohlthaten
übte und nach ihrem im Alter von 78 Jahren
erfolgten Tode durch ihren letzten Willen die
Aufmerksamkeit aller Menschenfreunde auf sich
aelenkt hat. Von den zahlreichen kleineren
Summen, die für wohlthätige und fromme
Zwecke bestimmt waren, zu schweigen, geben»
ken wir hier nur der wichtigeren Verfügun»
gen ihres letzten Willens. So bestimmte sie
2000 fl. für die Odsbi-a ka.ä. in Nie» (Grab«
malstiflung); — 38.0U0 fi, und 2U Stück Actien
dcr Triester ^ie-uäs. für das von ihrem
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon