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Schlögl 13! Schlogl
anfangs der Vierziger«Iahre in mehre«
ren Concerten als Declamatrice in die
Oeffentlichkeit und erweckte durch ihre
anmuthige Persönlichkeit, durch ein un-
leugbares Talent und das wohlklin«
gendste Organ zu schönen Hoffnungen,
die sich auch bethätigten, als fie auf
mehreren norddeutschen Bühnen in En»
gagement kam. Leider zog sie sich durch
Ucberanstrengung schon nach ein paar
Jahren ein Halsleiden zu. das sie nö«
thigle. die theatralische Laufbahn für
immer zu verlassen. Vermalt mit dem
geschaßten Landschaftsmaler Rudolph
Swoboda. verlor sie nach kurzer Ehe
ihren Gatten durch den Tod. ^
Wiener Schriftsteller und Journalisten.
Typen und Silhouetten von Don Spa,
uento (Wien 1874, Spitzer u. Holzrvarth
^uu... so.) S. 47. — Neue freie Presse
(Wiener polit. Blatt) 1873. Nr. 303l vom
3l. Jänner, im „Literaturblatt" (4. Seite
des Abendblattes). — Der Correspon.
dent (Wiener polit. Wochenblatt) 1572,
Nr. 6.
Einige kritische Stimmen üder Ichlogl's
„Wiener Mut". Ferdinand Kürnberger
(in Paul Lindau's „Gegenwart") schreibt.-
„Hier hat der rechte Mann das rechte Buch
geschrieben. ... Unser Schauplatz im „Wiener
Blut" ist die Zone süddeutscher Laxheit, mul.
tiplicirt mit slavischer Liederlichkeit uno zum
Quadrat erhoben durch geistliche und welt«
liche Mißregierung hundertjähriger Dalai
Lama»Absolutie. Da muß eS denn nothwcn«
dig im „Wiener Blut" auch viel verdorbenes
Blut geben, und wer diese Thatsache nicht
beschönigt, ist Friedrich Scklöal. Er zeigt uns
die Indolenz, die Frivolität, die Gemeinheit,
die sittliche Verkommenheit, die mannlose
Bubenhaftigkeit, den Lustfrevel, die Zotengier,
den Schmuhfanatismus, den Bildungshaß,
die verirockle, verluderte, fich selbst bejahende
absolute Lumpenhaftigteic, mit jener festen
Oermanenhand eines echten Niederländers,
welcher nichts verwälscht und verdübelt, wel«
cher derb dic Wahrheit sagt und herzhaft aus»
spucken kann. wo kein Spucknapf steht. Der
kundige Landsmann und Mitwisser dieses
intimen Stoffes aber sagt sich erstaunt: also
daS alles kennst du auch, hast es gesehen und durch conjugirt wie Unsereiner, ja noch autop-
tischer, und doch tonnte deine Liebe zu Volk
und Land an so vielen und verzweifelten
Klippen nicht Schiffbruch leiden? Oder um«
gekehrt: so viel Liebe hat dich nicht blind
gemacht, daß dein Auqe klar und offen, hat
dich nicht schwach gemacht, daß dein Zorn
straff und dein Ekel gesund blieb, wo eine
mannhafte Abstoßungskraft an ihrem richtigen
Platze war? Und jetzt ahnen wir etwas von
dem echten Begriff der Gemüthlichkeit.
Wir sehen die Goldprobe ibres feinsttörnigen
Goldes. Diese Au sgeglichenheit von
Liebe und Satire, dieses schöne sittliche Eo«n.
maß, welches die Liebe nicht zur Sentimen«
talität. den satirischen Strafgeist nicht zur
Erbitterung werden läßt, ist wohl die ge»
heimste und innerste Quelle von der wohl»
thuenden Wirkung unseres Buches, ist ein
Zauberaürtel. woraus Anmuth und Adel auf
die derbsten und niedrigsten Stoffe ausstrahlt.
Nir glauben von dem Talente des Autors,
von der glücklichen Wahl seiner Gegenstände
unterhalten zu sein und fühlen zuletzt mit
feineren Organen, daß das Beste dabei
seine schön gestim m te Menschlichkeit
thut. Schlögl's „Wiener Blut" ist am
10. Januar 1873 im Buchhandel ausgegeben
worden und schon bereitet der Verleger die
dritte Auflage vcr. Die österreichl'lche Presse
hat es augenblicklich und einstimmig ihrem
ungeheueren Leserkreise mit wärmstem Beifall
empfohlen. Wäre dabei Kirchthulms»Aesthetik.
Gau-Patriotismus und Ka»neraden-Verknoci,
gung im Spiele, so würde ich mit angebore«
nem und auf Methusalein'6 Alter ausreichen,
dem Ekel vor literarischem Schwindel mein
Weniges beigetragen haben, sothanen^Lufl»
dalion an allen erreichbaren Puncten zu
durchlöchern. Aber es ist glücklicherweise um»
gekehrt. Diese Wiener Skizzen verdie-
nen nochweit überWien uno Oester«
reich hinaus die lieb eo olle Aufmerk«
jamleit der Li teraturfreund e Denn
das wird doch wahr bleiben müssen und das
Eine trotzt allen Widersprüchen und Ein.
reden, auf die sich jede auch die berechugste
individuelle Meinung gefaßt machen muß:
mindestens auf die nächsten zwanzig Jahre
hinaus ist unserem Buche zu prognosticiren,
daß eS die Anerkennung der besten St u<
die, welche die belletristische Ethnographie
über Wien und die Wiener zu Ta^e
gefördert bat. behalten, und gleichsam die
Originaltreue und krit isch e T extau s.
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon