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Schmidt 200 Schmidt
Regsamkeit, welche sich in Deutschland
immer mehr und mehr entwickelte, für
Oesterreich, wo die wissenschaftlichen und
geistigen Erzeugnisse der einzelnen Völker»
schaftcn unvermittelt und nahezu unbe«
achtet entstanden und vergessen wurden,
da kein Organ vorhanden war. das ihnen
Aufmerksamkeit widmete, das ihre Be«
deutung für daS Leben und die Wissen«
schaft erörterte, ein unabweisliches Be»
dürfniß geworden. Da war eS Ad.
Schmidt, der sich seit Jahren mit dem
Gedanken eines solchen geistigen Organs
trug, ober in den trübseligen drückenden
Verhältnissen des Vormärz mit Allem,
was auf Popularisirung der Wissenschaft,
auf Weckung der geistigen Bedürfnisse in
der großen Menge abzielte, auf die unge»
heuerlichsten Hindernisse stieß. Seiner
Zähigkeit, seiner energischen Ausdauer
gelang es endlich — aber immer mit Rück«
ficht auf den Umstand, daß man in feiner
Person keinen Himmelsstürmer besorgte,
daß manjogar gewiß war, er werde der
Erste dafür Sorge tragenfdaß die Baume
nicht in den Himmel wachsen — die Er«
laubniß zur Herausgabe eineS Blattes zu
erhalten, welches in einigermaßen anstän«
diger Weife das geistige Interesse der
Monarchie nach verschiedenen Richtungen
vertrat. So entstanden im Jahre 1844 die
„Oesterreichischen Blätter für Literatur
und Kunst", denen ihr Herausgeber ein
Programm und eine Liste der Mitarbeiter
vorausschickte, welche beide vertrauen»
erweckend sich auSnahmen. Herausgeber
dieses Lexikons denkt noch, wie in Lem«
berg. wo doch deutsches Element im
Hintergründe stand und das Wissenschaft-
licde Leben der Nationalen nach Warschau
zu grauitirte, wie dort mit unverhohlener
Freude die Ankündigung des Schmidt«
scken Unternehmens, dieser Lerchen deS
nahenden Geistesfrühlings, begrüßt wurde und die Theilnahme sich steigerte, als-
bereits in den ersten Nummern der poln!«
schen Literatur eingehende Fach« und fach-
kundige Würdigung zu Theil wurde.
Die „Oesterreichischen Blätter" zerfielen
in drei Haupttheile: a) Literatur, d) Kunst
und o) Mittheilungen aus dem Gebiete
der Geschichte, Geographie, Statistik und
Naturkunde. Nur nach und nach gelang«
ten sie zu einer systematischen Gliederung,
denn der erste Jahrgang zeigt noch immer
einige Unordnung im redactionellen Ge«
baren. Aber in Nummer 4 des I I . Quar»
tals sprach Adolph Schmidt in einer
Vorrede aus: „Was wir wollen", und
er hat in den wenigen Jahren des Be>
ftandes dieser Blatter — sie endeten im
Jahre 4848 — unter beengenden Cen»
surverhältniffen, in jen.er bedrückten, un«
klaren Stimmung, die so zu sagen jeder
revolutionären Bewegung vorausgeht,
das Beste geleistet, und weil diese „Oester-
reichischen Blatter" weitaus das Ver-
dienstlichste sind, was Schmidl'S Namen
trägt, glaubten wir länger dabei ver»
weilen zu muffen. Mit der Bewegung
des Jahres 4848, die alleS Bessere, was
im Vormärz entstand, gleich dem Unlaug.
lichen wegfegte — Tage der Bewegung
im Völkerleben sind nicht Tage blscdau-
lieber Kritik — verschwanden auch die
„Oesterreichischen Blatter" vom öffent«
lichen Schauplatze und Schmidt selbst
stand mitten in der Bewegung, die tag«
lich einen acuteren Charakter annahm.
Auch da bewährte er sich als besonnener
und thatkräftiger Mann. AlS in den
Maitagen die Bewegung in Wien eine
immer bedenklichere Wendung nahm, als
es in Wien Parteien gab, welche einer-
seits den Reichsveiweser in'S Land rufen
und ihm die Regierung anvertraut wisseri
wollten, während eine andere Partei, wie
Hafner und Consorten. gar eine Repu-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon