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Schmidt) Mich. Ign. 90 305 Schmidts Mich.Ign. 90
er S. dabei zu Rathe, und es entstand
nunmehr eine Anstalt, eine der ersten
dieser Art. welche sich auch der Anecken-
nung der Protestanten erfreute. Im
Jahre 1773 hatle S.. von seinem Fürsten
dazu aufgefordert, einen Schulplan für
das Hochftift Würzburg entworfen, der
in dem unter den Schriften bezeichneten
traäenäi xriraa. elementa
niedergelegt ist, und der zwar
nicht zur Ausführung gelangte, aber doch
solche treffliche pädagogische Ansichten
enthielt, daß man allmälig auf den
Verfasser in weiteren Kreisen aufmerksam
wurde, und daß daS Schriftchen in's
Deutsche übersetzt und von dem als Päda«
gogen seiner Zeit allgemein anerkannten
Prälaten Felbiger mit einer Vorrede
eingeleitet wurde. Auch erfolgte damals
seine Wahl zum Mitgliede der Akademie
der Wissenschaften in Erfurt, zu welcher
von Karl Freiherr von Dalberg , der
sich damals als Domherr einige Zeit in
Würzburg aufzuhalten pflegte, bei dieser
Gelegenheit Schmidt kennen gelernt
und ihn den Mitgliedern der Akade-
mie empfohlen hatte, die Veranlassung
gegeben ward. Von zwei Schriften S.'s,
welche sich nun folgten, nämlich die „Ge-
schichte des Selbstgefühles" und die
zweite, in lateinischer Sprache geschrie«
schriebene ,über die Rechte der Kaiser bei
der Papstwahl", gab erstere ein vollgilti
ges Zeugniß von des Autors Philosoph^
schem Beobachtungsgeiste, und obwohl
sich derselbe auf dem Titel gar nicht
nannte, ja auch in der Vorrede stch nur
mitdenAnfangsbuchstaben seines Namens,
M. I . Sch., zeichnete, fand sie in den
betheiligten Kreisen eine anerkennende
Aufnahme, wie dieß Feder's Bespre<
chung im 99. Stücke, 4772, der „Göttin
ger gelehrten Anzeigen" bezeugt; die
andere ist die zeitgemäße Erörterung einer
v. Würzbach, biogr. Lenkon. XXX. wichtigen Frage, die eben wieder in
neuester Zeit durch die höchst verwickel-
ten Verhaltnisse der katholischen Kirche,
die in ihrem eigenen Lager gespalten und
in einem großen protestantischen Staate
durch die Uebergriffe der Kirchenfürsten
bedrängt ist, eine brennende geworden.
Schmidt's Hauptwerk aber war die
im Jahre 1778, also in der Vollkraft
seines Lebens, im 42. Jahre begonnene
„Geschichte der Deutschen", welcher er
nun seine ausschließliche Thätigkeit wid«
mere. Seine Auffassung war eine neue,
von jener seiner Vorgänger in Behand-
lung derselben vollkommen abweichende.
Bisher war die deutsche Geschichte nur
als Geschichte der Kaiser, des Reiches
und der Reichsftä nde behandelt wor«
den. Schmidt faßte sie zuerst als die
Geschichte EineS VolkeS auf, das bei
aller Verschiedenheit der Localverhält-
nisse und des Lebensganges einzelner
Männer, doch durch ein ge m einschaft-
l icheS Oberhaupt, durch gemein«
schaftliche Verbesserungen und Gesetze,
Sprache und Sitten Ein Ganzes auS-
macht. Es war dem deutschen Volke
zum ersten Male von seinem Geschichr-
schreiber der Einheitsgedanke zum
Bewuftsein gebracht worden. Dadurch
wurde das Buch dem Bürger zugäng-
lich, dem sich
in der Geschichte nicht ein
bloßes Aggregat von Facten darstellte,
sondern dem sich durch die Zusammen-
stellung gleichzeitiger ähnlicher und un-
ähnlicher Erscheinungen viele wahrschein-
liche Resultate über den Charakter der
Zeiten und Völker unwillkürlich auf»
drängten und wodurck die Geschichte
nicht mehr als daS Ergebniß eines blin»
den Fatums, sondern als die auS der
Freiheit der Menschen und Völker er-
wachsende Kundgebung einer göttlichen
Weltordnung erscheine. Die eigentliche
22. August <873.1 20
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schindler-Schmuzer, Volume 30
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schindler-Schmuzer
- Volume
- 30
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1875
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon