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Schrotier, Franz Ferd: 9 Schrotte^ Franz Ferd.
ven vermodern zu lassen, sollte der lob«
licheren Sitte weichen, dieselben aufzu«
suchen, zu studiren, ihre Echtheit zu prü.
fen und zur allgemeinen Kenntniß zu
bringen. Denn S. war es, der aus den
Archiven des kaiserlichen Hofes an sechzig
Urkunden des wichtigsten Inhalts, über
die Hausprivilegien, die Hausvertrage,
Nachfolgegesetze, Kauf», Tausch, und
Pfandbriefe, die bisher entweder gar
nicht oder nur unvollständig oder ver-
stammelt bekannt geworden, an's Tages,
licht brachte, dem Beispiele des kaiser«
lichen Hauses aber, das mit alten starren
Gewohnheiten auf diese Art gebrochen,
folgten nun andere Höfe; der hohe Adel,
die Hochstifter und Klöster öffneten all-
mälig ihre Archive, und in der Periode
eines Vierteljahrhunderts (4730 bis
1773) geschah mehr zur Förderung der
Geschichte und Diplomatik, als zuvor in
einer Reihe von Jahrhunderten. Jedoch
änderte sich bald nach Schrötter's
Tode auch in dieser Richtung Alles, und
erst der Neuzeit sollte es vorbehalten
bleiben, wieder eine liberalere Uebung in
Gang zu bringen. Freilich bleibt so
etwas, so lange nicht Staatsgefetze den
Gebrauch der Archive freigeben und den-
selben regeln, Alles nur der Laune und
den Anschauungen der einzelnen Minister
überlassen. Hat doch Schreiber Dieses es
bei seinem Werke selbst erfahren. Die Kai«
serin, den Nutzen vonSckrötter's Vor«
gehen gewahrend, billigte nicht nur das-
selbe, sondern verlieh ihm sofort ein nicht
unansehnliches Gehalt und förderte ihn
auch sonst noch in seinem Gebaren. Im
Jahre 1764 berief Fürst Kaunitz den
28jährigen S.' als Hofsecietär in die
geheime Hof- und Staatskanzlei. deren
wichtige und oft drängende Geschäfte
den rastlos thätigen Forscher aber nicht
hinderten, seine begonnenen Forschungen auf das Eifrigste fortzusetzen, so daß den
bisher veröffentlichten neue über die erz.
herzoglichen Erbhuldigungen und Klein-
odien, über den Ursprung der Landes«
Hoheit überhaupt und in Oesterreich ins'
besondere, alle von wichtigen Urkunden
begleitet, folgten. Im Jahre 1766
schloß er mit der Abhandlung von der
Erbfolgeordnung, Minderjährigkeit und
Vormundschaft im vereinigten Erz»
hause H ab sb urg-Lothr ingen seine
diesbezüglichen Forschungen. Aber auch
noch nach anderer Seite war S. thä«
tig, und zwar polemisch gegen den
heftigen Pütter , gegen den er seine
„Anmerkungen" über die damaligeReichs'
Kammergerichts«Visitation, über das
reichs. oberhauptliche Ratisicationsrecht
bei Schlüssen reichsständischer Versamm-
lungen, dann über Sitz- und Stimmrecht
der Kur und Krone Böhmens auf den
Reichstagen losließ; freilich geboten es
die Umstände, diese „Anmerkungen" ano«
nym erscheinen zu lassen. Im Jahre
1769, im Alter von 33 Jahren, wurde
S. Rath mit einem Gehalte von 3000 fi.,
fünf Jahre später wirklicher Hofrath,
erbländiscker Ritter. Director und PraseS
der juridischen Facultat an der Wiener
Hochschule. Auch in den zwei letztgenann«
ten Stellungen beschrankte er sich nicht
auf bloße Führung des Titels, sondern
hielt öffentlich unentgeltliche Vorlesun-
gen über das österreichische Staatsrecht,
schrieb eigenhändig eine Anweisung zum
gründlichen Studium der Rechte für
Lehrer und Lernende, und verminderte
die hergebrachten vier strengen Prü-
fungen zur Erlangung der juridischen
Doctorwürde auf drei. Von seinen ande»
ren wissenschaftlichen Arbeiten, die er in
dieser Zeit folgen ließ, sei hier vor allen
der „Geschichte Oesterreichs" gedacht, die
er, um ihre leichtere Verbreitung bestens
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schrötter-Schwicker, Volume 32
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schrötter-Schwicker
- Volume
- 32
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1876
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon