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Schrobberg 22
Gotha) die Arme unorganisch, puppenhaft
in den Achselgelenken, wie fehlt der ganzen
Gestalt ein verstandener oder empfundener
Zusammenhang! .Aller Fleiß im Nrbensäch»
lichen, gleichsam in der Schneiderarbeit, ist
nicht im Stande, rinen solchen Grundmangel
zu decken. Tie besten Bildnißmaler alter und
neuer Zeit waren vor allen Dingen Historien»
maler, mit der menschlichen Gestalt auf's
Innigste vertraut, keine Leute, die den Rumpf
als ein g.'eichgiltigeS Veiwerk cln den Kopf
stückelten. Selbst Winterhal ter , der neben
Schrotzberg -in herausfordernder Weise
genannt worden, ist im ganzen Bereiche deS
menschlichen Kölpers wohl bewandert und
weiß Gestalten zu gruppiren und zu Bildern
zusammenzufügen. Wir sind der Richtung
Winter kalter's zwar abhold, aber daß er
in seiner Richtung ein Meister ist, wird kaum
Jemand bestreiten wollen. Was Schrotz-
berg sein will, ist Wi nterh a lter wirklich:
ein richtiger Salonmaler. In der Gesellschaft,
die Schrotzberg malt, fühlt ec'sich beklom«
men. gedrückt. a!s einen Fremden: das Aengst>
liche. Peinliche seines Vortrages verräth die«
ses Gefühl durchaus.' Winterhal ter da,
gegen fühlt sich im Salcni als ein Gleicher
unter Gleichen und fein uornehmer'Abandon
in der Zeichnung, die Leichtigkeit und Lässig«
teit seines Vortrages verkünden die Ver<
wandtschaft des Künstlers mit seinem Gegen-
stände in jeder Linie und in jedem Pinsel'
strich. Ein Theil der Schuld an dieser Un>
gleichheit der beiden Männer mag auch an
den verschiedenen socialen Verhältnissen in
Wien und Paris liegen, denn in Wien sind
diese noch vielfach unfrei, während die ge<
sellschaftliche Amosphäre in Paris durch die
Wetter und Stürme der Revolution gereinigt
ist. Eine Behandlung wenigstens, wie sie
dem Maler Schrotzberg in höheren Kreisen
der Kaiserstadt schon zu Theil geworden; eine
Behandlung, die ein Künstler, wenn er ihr
schon wehrlos preisgegeben war. lieber in
seinem Innersten hatte bergen sollen, wäre
in Paris einem Wintert) alter gegenüber
geradezu undenkbar. Winterhal ter hat
mit seiner freien socialen Stellung, seiner
höheren Begabung und größerem Können so
viel voraus, daß man sich hüten sollte, seinen
Namen mit dem Schrotzberg's in Einem
Athem zu nennen." — Die Oesterr ei-
chische Zeitung 1861. Nr. 146: „Man
(ennt die seltene Eleganz des Vertrags, die
Schrohberg sich angeeignet-hat. und seine Schrobberg
'Gabe, eine frappante, freilich oft nur mate«
rielle Aehnlichkeit herzustellen; ebenso gut weiß
man aber auch, daß eine tiefere Charakteristik
seine Sache nicht ist, und daß er es fast ver«
lernt hat, die Natur anders, als im Wider<
schein des Conventionellen zu betrachten.
Seine Bilder machen meistens einen ange»
nehmen Eindruck, doch vergleicht man sie mit
einander, so wird man zwischen ihnen bald
eine Familienähnlichkeit entdecken, über deren
ermüdende Monotonie man sich nicht täuschen'
kann. Es fehlt ihnen der. individuelle Aus>
druck, der in ganz Anderem liegt, als in der
Wiedergabe der Züge, wie getreu diese auch
sein mögen; sie stellen nur die vorübergehende
Erscheinung dar, den ewigen Born derselben
lassen sie uns nicht ahnen. Dieß einmal offen
herausgesagt, wäre es'jedoch eine schreiende
Ungerechtigkeit, S's anderweitige Vorzüge
zu unterschätzen. Diese gelangen namentlich
in dem weiblichen Porträt (Erzherzogin Eli»
sabeth) zur vollen Geltung. Mag das Fleisch
hier auch etwas zu transparent, die Modelli»
rung nicht kräftig genug sein. an vornehmer
Grazie und geschmackvoller Anordnung läßt
es nichts zu wünschen übrig. Die Stellung
ist anmuthig und natürlich, die Farbensinn«
mung harmonisch, die Stossmalerei mit gro»
ßem Geschick behandelt. AehnlicheS läßt sich
an dem Porträt des Erzherzogs Kar l Fer.
din and rühmen, doch leidet es an einem
bedeutenden Gebrechen; es fehlt der Gestalt
an Relief, sie hrbt sich nicht genugsam vom
Marmorgetäfel ab. das den Hintergrund
blldct." — C. Abani , einmal in der „De»
datte" (l868. Nr. 263), schreibt: „Was mag
wohl die Ursache sein, daß Schrotzberg
entgegen dem Urtheile der gesammten Kritik,
der verständigen Kunstfreunde, der meisten
seiner Collegen, in gewissen Kreisen der Allein«
Herrscher oder vielmehr Alleinmaler ist. Man
muß doch Jahre lang in seinem Protokolle
stehen, ehe man als Farbe auf die-Palette
uno endlich als Bild auf seine Leinwand
kommt. Ist doch so manches blühende Für»
stenkind in früher Jugend pränotirt und erst
als welkende Blüthe gemalt worden! Ganz
abgesehen, daß Alles vom Halse abwärts bei
ihm vom Uebel ist, abgesehen, daß seine
Gesichter glatt und lieblich, aber ohne jeden
individuellen Ausdruck sind — doch das ist
es: was Goethe uon der „Gesellschaft"
gesagt hat. das hat Schrotzberg gemalt.
Er schliff und schliff, und was jttzt noch
Modebild, wird er.in kurzer Frist zum Ideale
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schrötter-Schwicker, Volume 32
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schrötter-Schwicker
- Volume
- 32
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1876
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon