Page - 39 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Schrötter-Schwicker, Volume 32
Image of the Page - 39 -
Text of the Page - 39 -
Schubert) Franz 39 Schubers Franz
durch er allen Vortheil einbüßte, der ihm
als Eigenthümer seiner Werke geblieben
wäre. Eine seiner großen Opern, „Al>
fonfo und Estrella", und die darauf ent»
standene „Fierrabras" — beide Compofi.
tionen fallen in die Jahre 1820—1823 —
zur Aufführung zu bringen, gelang allen
seinen Bemühungen nicht. Rührend find
Schober'S Anstrengungen und Rath
schlage in diesen Richtungen, aber ebenso
erfolglos. Ts ist die alte und ewig neue
Geschichte von Künstlers Erdenwallen.
Und trotzdem, daß sein Genius sich glän.
zend durchbrach, daß seine Lieder im
Salon und im Familienkreise mit Vor«
liebe gesungen wurden, trotzdem wollten
sich doch die Verleger nicht immer willig
finden lassen zur Uebernahme seiner Ton«
dichtungen, und für junge Komponisten
aller Zeiten und Länder im hohen Grade
belehrend ist ein Brief des Leipziger
Mufikverlegers B. V. Peters vom
14. November 1822 an Joseph Hüt-
tenbrenner, als dieser sich bei Peters
für den Verlag Schubert'scher Lieder
verwendete und worin die Stelle vor«
kommt: „daß von einem Werke des Herrn
Schubert in Wien allein 300 abgesetzt
werden können, will ich glauben, sobald
solches in Wien gedruckt, ich aber setze
dort schwerlich 100 ab, ob ich gleich mit
allen Handlungen in Verbindung stehe".
Und welche Unsummen verdient der Nach-
folger obiger Firma, die heutige Firma
C. F. Peters, mit dem Verkaufe Schu«
bert'scher Werke, welche es in MbumS
und einzelnen Heften, in ganzen Bänden,
in Ausgaben für einzelne Instrumente
und in Partituren herausgibt. Und was
haben Schubert's Nachkommen, die
rechtmäßigen Erben der Werke des Ge«
nius, von dessen Schöpfungen sich unrecht-
maßige Besitzer bereichern? Als besonders
bezeichnend für die Erbärmlichkeit, die sich dem Genius gegenüber in so vielen
Fällen geltend machte, möge der folgende
als Thatsache bezeichnete Vorgang gel<
ten. Schubert ersuchte im Jahre 1822
die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
um Aufnahme als ausübendes Mitglied
(für den Violapart), wurde aber abweis«
lich beschieden, und zwar, weil, wie eS
im Bescheide heißt, statutengemäß nur
Dilettanten und nicht solche Personen
zugelassen werden könnten, welche von
der Musik leben! — Der Compofition
der oben gedachten zwei größeren Opern
folgte nun die eines kleineren dramati»
schen Werkes, der einactigen Operette:
„Die Verschworenen", deren verfänglicher
Titel jedoch aus Censurrücksichten in
„Der häusliche Krieg" verwandelt wurde.
Auch das Schicksal dieser reizenden Ope«
rette war, unausgeführt zu bleiben, und
erst vierzig und mehr Jahre nach des Com-
ponisten Tode gelangte sie auf die Bühne,
für welche sie vorhinein geschrieben war.
Außerdem entstand um diese Zeit (1323)
der reizende Liederkranz, die „Müllerlie.
der" (Op. 23), welche Schubert über.
dieß im kranken Zustande, im Spitale
liegend, componirt haben soll. Indessen
hatte sich seiner in Folge des Fehlschlagens
so vieler Hoffnungen eine tiefe Melancko«
lie bemächtigt, wie dieß auS einem Briefe
an seinen Freund, den berühmten Maler
Leopold Kupelwieser, der das Da-
tum vom letzten März 1824 trägt und
aus mehreren, im Nachlasse gefundenen
Tagebuchsnotizen erhellet. I n einer die«
ser Stellen heißt es sehr bezeichnend:
Meine Erzeugnisse in der Musik sind
durch den Verstand und durch meinen
Schmerz entstanden; jene, welche der
Schmerz allein erzeugt hat, scheinen die
Welt am meisten zu erfreuen". Die eigent«
liche Ursache dieses seines Schmerzes ist
unbekannt und ist es geblieben bis heute.
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Schrötter-Schwicker, Volume 32"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schrötter-Schwicker, Volume 32
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schrötter-Schwicker
- Volume
- 32
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1876
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon