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Schütte 128 Schütte
und Jeder nach Wien kam und aus Wien
ging. wie er wollte, ohne nach Paß oder
sonst etwas gefragt zu werden, mußte
Schütte neuerdings nach Wien zurück«
gekehrt sein. da seine Fluchtgeschichte, die
allerdings sehr abenteuerlich klingt, zu
jener Zeit vielfach erzählt und in den
Journalen berichtet wurde. Nachdem am
4. November Wien von den kaiserlichen
Truppen genommen war und nun die
Suche nach den Aufwieglern begann,
wurde auch auf Schüt te auf daS
Schärfste gefahndet. Er entkam aber in
genug abenteuerlicher Weise. Man hatte
daS Haus, wo er
sich befand, vom Boden
bis zum Keller durchsucht. Versteckt im
Canaps, auf dem die Frau des Hauses
saß, hörte er alle Fragen, die ihr vor-
gelegt wurden. Als man nichts fand und
die Anzeige eintraf, daß er bestimmt in
diesem Hause sich befinde, worauf eine
neue Durchsuchung angeordnet wurde,
war das Versteck nicht mehr haltbar. Es
galt nun neue Flucht und ein anderes
Asyl. Aber das war nicht leicht in einer
Stadt, in welcher es von Soldaten wim«
melte und die Angeber wie Pilze aus
der Erde schössen. Niemand wußte Rath
zu schaffen, da sagte Dr. Schütte: man
solle ihm nur den Mantel und den Hut
eineS Croaten verschaffen und das Uebrige
ihm überlassen. Aber Niemand getraut
sich, diesen Auftrag auszuführen. Bei
hellem Tage begibt sich nun Schütte
selbst auf die Straße, nähert'sich dem
ersten Croaten, den er erblickt, und kauft
ihm auf offener Straße seinen Mantel
ab. Run kehrt er in das HauS zurück,
vollendet daselbst seine Verkleidung und
geht so als Soldat des Banus durch die
Stadt. Er gelangt glücklich in die Leo-
poldftadt. dort kehrt er ein und macht
sich seinen weiteren Plan zurecht, denn
in Wien war sein Bleiben unmöglich; aber wie aus der Stadt kommen? Er
zieht die Croatenkleidung aus, verschafft
sich andere Gewänder, geht nach Floris»
dorf und präsentirt sich dort als Reichs»
tags'Deputirter. Man verlangt seinen
Paß. Ich habe keinen Paß, ich bin der
ReichstagS'Deputirte Schützenberger
und gehe nach Kremfier zum Reichstage.
Man erhebt weiter keinen Anstand und
der Train fährt ab. I n Ganserndorf
bleibt der Zug stehen und die Procedur
des AusfragenS wiederholt sich. Nun
wechselt Schütte seine Rolle, der frü>
here Reichstags«Deputirte ist nur mehr
ein einfacher Ochsenhandler, der von
StammerSdorf nach Ungarn geht, um
sein Vieh zu verkaufen. So kommt Dr.
Schütte biS Ratibor, von wo es ihm
nicht schwer ward, nach BreSlau und
dann weiter zu gelangen. Es wurden
Steckbriefe nach ihm erlassen, aber erst
im Jahre 1833 wurde er am Rhein ver<
haftet und an Oesterreich ausgeliefert.
Nach geschlossener Untersuchung ward er
zu mehrjähriger Haft verurtheilt. Er
schien fast verschollen, da berichtete die
„Weser>Zeitung" in einem Briefe ääo.
Wien 24. Juli 1837 seine Flucht mit fol-
genden Worten: „Nicht geringes Auf«
sehen hatte hier die Nachricht von der
Flucht Dr. Schütte's und seiner Zellen-
genossen gemacht, und obwohl den hiesi-
gen Blattern nicht gestattet war, darüber
zu'sprechen, so hat doch das Publicum
auS anderen Quellen hinreichend darüber
erfahren. Man erinnert sich hier sehr gut
deS gewandten Abenteurers, welcher sei»
ner Zeit als politischer Oom.w.is vo^HFSur
Oesterreich und Deutschland bereiste, und
überall, wo eS ein besonderes Spectakel
gab, sich daran amusirte und durch seine
Zungenfertigkeit auch sich bemerkbar
machte. Eine ernstliche Theilnahme hat
Dr. Schütte wohl nie an den Ereig-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schrötter-Schwicker, Volume 32
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schrötter-Schwicker
- Volume
- 32
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1876
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 406
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon