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Schwarzenberg) Friedrich, Lanzkn. 69 SchwarIenberg) Friedrich, Ianzkn.
-ses Lebensalter überschritten hat;' für nicht
geeignet halte, die Hand an ein Werk zu le>
gen, wo es darauf ankömmt, in eine neue
Zeit zu treten. Das Vorrecht des Alters war
ehemals die Erfahrung. Diese aber nützt
nichts in einer Zeit, welche auf ganz neuen,
unversuchten Grundlagen vorzugehen strebt,
und vor allem darauf ausgeht, der Bergan«
genheit jedeS Recht zum Fortbestehen abzu»
leugnen. Es kömmt also darauf an, eine neue
Zeit zu schaffen, und zum Sch äffen ist das
Alter nicht geeignet. In dem meinigen, wo
man schon nach halben Jahrhunderten zählt
— ist das Verg essen schwer — noch schwerer
?>as Lernen. Ich kann und werde nicht ver»
gessen, daß ich auf der Herrenbank des böh<
mischen Landtages berufen war, nach Pflicht
und Gewissen meine Stimme für das Wohl
und Weh das Vaterlandes zu erheben, und um
so weniger l ern en können, In te r essen zu
vertreten; ich werde nie u er gessen, daß ich ein
Landstand des Königreiches Böhmen war,
und habe bis jetzt noch nicht gelernt, was
«in Kron land eigentlich heißt. welcheS Wort
ich trotz meiner halbjahrhundertlangen 3e.
benszeit nie gehört oder gelesen hatte; ich
werde es nicht dahin bringen, die alten geo«
graphischen, politischen, finanziellen Bezeich»
nungen zu vergessen und die seit dem An»
tritte des Ministeriums des Freiherrn von
Bach eingetretenen politischen Formen gründ«
tich genug zu erlernen, um mich nicht mannig»
faltigen Verstößen und Irrungen auszusetzen.
Ich werde es nie dahin bringen, die Krone
Böhmens nicht als ein kostbares heiliges Iu<
mel, sondern uur als ein historisches, in einer
Antiquitäten - Sammlung aufzubewahrendes
Huriosum zu betrachten, und glaube daher
mit meinen Ansichten, Gefühlen und lieber»
Zeugungen in den jetzigen Verhältnissen nn'reine
Stimme in der Berathung der Interessen
meiner Herren Committenten nicht anmaßen
zu dürfen. Da ich die Verwaltung meinesFidei«
commisses schon längst meinem Neffen und
präsumtiven Erben übertragen habe, so glaube
ich ihn um so geeigneter, dessen Interessen
zu vertreten, als nach den neuen Grundlagen
5er Verfassung ja nur Interessen zu ver»
treten sind, und somit die früheren persönli«
chen Verpflichtungen und Berechtigungen,
welche dem böhmischen Landstand als Persön-
lichkeit in Beziehung auf die böhmische Krone
zustanden, von selbst wegfallen. Außerdem
-tritt bei mir noch ein Hinderniß ein, das
meiner Ueberzeugung und meinem Gewissen nach mich unfähig macht, in der Vertretung
Böhmens mich zu betheiligen. Es ist dieses
meine durch lange Abwesenheit au.s dem Vo>
terlande entstandene Ungeläufigkeit und un-
vollkommene Kenntniß der Nationalsprache.
Dieser Umstand allein würde meinem Ge-
wissen nach mich abhalten, eine Verpflichtung
zu übernehmen, deren Gewicht ich zu hoch
würdige, um hoffen zu können, auch mit dem
größten Fleiße diesem Mangel genug abhelfen
zu können. Wenn man die Mehrzahl seiner
Landsleute nur unvollkommen versteht und
nur gebrochen ihnen seine Gefühle mittheilen
kann, ist man meiner Ansicht nach nicht be»
fähigt, sich ihren Stellvertreter (Abgeordneten)
zu nennen. Drum mag man den alten Mann
auf den Ruinen sitzen und ruhen lassen! Mag
es der Jugend gelingen, einen neuen Bau zu
gründen, in welchem uns, deren Wiege zer«
trümmert ist, wenigstens die Hoffnung auf ein
ruhiges, ungestörtes Grab im vaterländischen
Boden bleibe."
V. Laube über den Lanzknecht. Laube als Jagd.
und zum Theil Gesinnungsgenosse seit Jahren
mit dem „Lanzknecht" befreundet, war wohl
zunächst zu einer Charakteristik des Fürsten
berechtigt. Nr gab ste auch bald nach dessen
Tode. Sie lautet: „Es wird kaum außer»
halb Oesterreich ein so eigener politischer
Charakter entstehen und sich entwickeln
können, wie ihn Fritz Schwarzenberg
darstellt. Vielleicht noch in einem der alten
Neichsländer-am Rhein, in Westphalen, in
Oberschwaben, und auch da nicht ganz, weil
der Mittelpunct einer lebendigen, großen Mo.
narchie und eines aroßen Heeres fehlt. Es
ist, als ob sich von der Grafen» und Ritter«
bank des deutschen Reichstages ein Sproß
fortgepflanzt hätte in dem heutigen, so grund-
verschiedenen Boden. Ritterthum, Standes,
freiheit und am letzten Ende doch volle
Menschlichkeit sind die Grundeigenschaften.
Officielle Politiker wissen mit solch' einem
Manne absolut nichts anzufangen, und das
Mildeste, was sie von ihm sagen, lautet:
Der ist aber curios! In Wahrheit gibt eß
nichts Curioseres, als seine Gespräche und
Debatten mit Fel i r Schwarzenberg,
dem Hauptminister in Oesterreich 'zu Anfang
der Fünfziger «Jahre, dem Cousin Fritz
Schwärzender g's. Felix focht für nahe
Ziele und kannte zur Erreichung derselben
nur Ein Mittel: das Fechten. Jeder Knoten,
gordisch oder österreichisch, sollte durchhauen
werden; Fritz aber sucht lauter organische
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon