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ihky) Joseph 286 Sedlnihky, Joseph
mit feinem „Geschwind etwas Neues"
zur Hand war. gegen dieses entwür«
digende Unterdrückungssystem des freien
Gedankens, gleichgiltig; denn, daß auch
die Wissenschaft und die Künste, wie
Poesie. Theater. Malerei u. s. w. dar.
unter sckwer litten, ahnte der Haufe.
der jeden Sonntag sein Backhuhn im
Topfe, oder doch seine Würstel mit
Kren vor sich hatte, nicht. Man
fand sich mit einem kernigen Witze ab
und glaubte genug gethan zu haben.
wenn man den Grafen, der keinen Tag
ohne seine Censurstricke: nuUa. äiss sins
linea, vorübergehen ließ, im Scherze als
den NamenStrager der zwei berühmtesten
Hlavierfirmen Wien's Graf und Strei»
cder bezeichnete und ihn einfach «Graf
Streicher" nannte. Schon oben wurde
bemerkt, nicht den Grafen allein trifft
alle Schuld, er würde in vielen Fällen
sich doch eines Besseren oder doch eines
Anderen bedacht haben, wenn er nicht
an dem Fürsten»Staatskanzler einen
Rückhalt gehabt hatte', denn in allen
Sacken der Politik fragte S. bei dem
Fürsten an. So z. B. lautete der Schluß-
satz in einem Berichte über das erste
politische Meeting, welches zu Ehren deS
National-Oekonomen Friedrich List
gegeben worden war: »Hoch die
deutsche Einheit !" . Die Sache schien
dem Grafen bedenklich und er schickte den
Artikel dem Staatskanzler zur Censur,
der die Sache nickt entschied. sondern
glossirte: „er erlaube sich statt deS
Wories Einheit nur vorzuschlagen
„Einigkeit", gegen das Wort „Einheit"
müsse er aber seine Bedenken erheben".—
Im Jahre 4842 richteten die auf's
Aeußerste gebrachten Journalisten Wien's
eine Bittschrift an den Grafen, worin sie
um Erleichterung des Druckes, der auf
der Presse lastete, baten. An dieser Bitt. schrift hatten sich, mit Ausnahme der Re-
dacteure der amtlichen „Wiener Zeitung"
Bernard. deS „österreichischen Beob.
achtecs" vonPi lat , der „Bau-Zeitung"
Förster und der „Theater.Zeitung"
Bäuer le , alle Journalisten Wien's be-
theiligt. Ehe aber noch die Bittschrift an
seine Stelle gelangt war. batte der Graf
bereits Kenntniß von dem Inhalte der-
selben. Sie war ihm von einer jener
berüchtigten Persönlichkeiten mitgetheilt
worden, die nie aussterben, und deren
sich leider oft die besten Staatsmanner
bedienen, um Dinge zu erfahren, die ihnen
zum wissen nöthig, und deren Kenntniß
auf geradem Wege nicht zu gewinnen ist.
Graf Sedlnitzky wies die Bittschrift
einfach mit der Bemerkung ab, daß er
keine IournalifteN'Körperschaft kenne, es
möge jeder Einzelne seine Bitte vor-
bringen. Jeder Einzelne hütete sich
aber sein Anliegen vorzubringen, denn
der Einzelne, der die Vergeblichkeit eines
solchen Schrittes erkannte. wollte sich
eben nicht für alle Andere opfern. End«
lich zu Anfang des Jahres 4848 scbien
es, als sollten Erleichterungen Platz grei-
fen. Es wurde mit 1. Jänner g. Jahres
eine Censur »Oberdirection in's Leben
gerufen, aber die gebofftc Erleichterung
erwies sich nur zu bald als eine Ver»
schärfung der bestehenden Censurverhalt-
niffe. Ein Polizei»Director aus der Pro.
vinz wurde, mit Umgehung verdienter,
persönlich würdiger Beamten, an die
Spitze des neuen Institutes gestellt; ein
zweiter ihm an die Seite gegeben, der
den zweideuiigen AuSspruch gethan: „ In
drei Monaten wird, dafür bürge ich, kein
verbotenes Buch in Wien zu finden
sein". Er hatte wahr gesprochen, nach
der am 14. März proclamirten Preß-
freiheit gab eS kein verbotenes Buch
mehr in Wien, denn Alles war erlaubt.
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon