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Seidig Johann Gabriel 335 Seidl, Johann Gabriel
hatte nämlich noch zu des VaterS Leb-
zelten die juridischen begonnen, gab er
Lectionen. war aber zu gleicher Zeit un-
gemein fleißig thatig, wodurch die durch
nichtsehr einträgliches Unterrichtertheilen
gewonnene Einnahme öfter einen entspro
chenden und wohlthuenden Zuscbuß cr<
hielt. Auf diese Weise wuchs der Kreis
seiner literarischen Bekannten; durch Cor-
responoenz knüpfte er Verbindungen in
Deutschland an, kam in Berührung mit
Dichtern und Künstlern, welche Wien be«
suchten, so mit Karl von Hol te i und
dessen ersten Gattin Luise von Rog6e.
mit Michael Beer , dem Bruder
Meyer beer's, Helmine von Chezy
Pius Alexander Wol f . Karl Maria
von Weber u. A. I n der Ludlams.
höhle, welcher S. auch angehörte,
trat er in Verkehr mit allen damaligen
Notabilitäten Wiens, wie er denn auch
ein täglicher Gast des berühmten Neu-
ner'schen .silbernen" Cafthauses war,
wo sich in den Zwanziger-Iahren AlleS
zusammenfand. waS Wien an geistigen
Potenzen besaß. Dabei besuchte er fleißig
Theater und Concerte, schrieb lyrische Ge.
dichtc. Erzählungen, Kritiken, Correspon»
denzen. Gelegenhcitsaufsätze, topogra»
phische Schilderungen u. s. w., wodurch
sein Name nur bekannter und bei der ge>
müthlichen Form derselben immer belieb-
ter wurde. I n dieser Zeit verkehrte er
auch viel mit dem schon erwähnten Lud»
wig Hal irsch, mit Franz Fitzinger,
der später als Naturforscher sich einen
Namen gemacht und mit Anastasius
Grün, dessen 3'iedermund eben als ich
diese Zeilen schreibe (13. September
4876) der mitleidslose Tod geschloffen.
Auch auf dramatischem Gebiete versuchte
sich der Dichter damals. Im Jahre 1824
wurde sein dreiactiges, in Versen geschrie«
beneS Volksmärchen „Der Kurze Mantel" im Theater an der Wien mit solchem
Beifülle gegeben, daß
sich lOAufführungen
auf einander folgten. Mit B i ed e nfe ld
gemeinschaftlich schrieb er das im Theater
an der Wien gegebene Melodram: „Nie
Unzertrennlichen". Nun arbeitete er mitHa»
lirsch gemeinschaftlich — also die Com>
pagnie Arbeit auf dramatischen Gebiete
ist nicht, wie eS bisher als feststehend galt.
eine Erfindung der Franzosen, sondern
sie datirt auS der Mitte der Zwanziger-
Jahre und Halirsch und Seid l sind
die Ersten auf diesem Gebiete — an mel>
reren Lustspielen, wie: „Fchiuüruier", „Zans-
flltzuii nndGleichgiltiger", welche im 23.Jahr-
gange des von Kotzebue begründeten,
bei Kummer in Leipzig erschienenen
„Almanach's dramatischer Spiele" ge>
druckt erschienen, „Da5 Porträt der Schluss-
trau", daS dreiactige Melodram:
„Mantel und Recher", wozu Franz Lach»
uer die Musik schrieb und das zuerst in
Pest, dann auch auf anderen Bühnen ge«
geben wurde; allein aber führte er die
Bearbeitung des Opernbuches »2)s na-
oon" auS. das als „Maurer nnil Schlosser"
noch heute auf dem Repertoir steht. Auch
fällt in diese Periode des Dichters Liebe-
leben, dessen hier gedacht werden muß.
weil wir demselben das Schönste verdau-
ken, was Se id l bieten konnte, einen
großen Theil seiner lyrischen Dichtungen
in hochdeutscher Mundart undim Dialekte,
denn das in seinen „Flinserln" besun»
gene: „schwarzaugate Dirndl mit'm nuß»
braunen Haar" ist Therese Schlesin«
ger, seine spätere Frau —die Muse aller
seiner Lieder. Die mittellose Tochter eineS
verarmten, wegen seiner Verdienste um
Armen«, Schul, und Gemeindewesen
nachmals mit dem goldenen Verdienst-
kreuze begnadeten Wiener Bürgers, hatte
er sie im Hause eines Wiener Großhänd-
lers kennen gelernt. Seid l ertheilte den
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon