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, Johann Gabriel 336 g Johann Gabriel
Kindern des Großhändlers Unterricht,
und sah das anmuthige Madchen, doch
bei seiner Mittellosigkeit und fernen Alls»
sickt. dem Madchen einen gesicherten
Hausstand zu bieten, kaum die Blicke zu
ihr erhebend. Aber wie schon oft. so ge>
schah eS auck hier. das Unglück ließ die
Herzen sich finden und nun begann ein
Liebeleben, von dem er selbst sang: „Um
keinen Preis möcht er die Zeit durch»
machen noch im Leben, um keinen auch
wäre er bereit, sie wieder herzugeben".
Nun hatte sein Ringen und Streben, bald
ein festes Ziel zu erreichen, einen bestimm»
ten Zweck und darauf steuerte er loS mit
aller Kraft seiner Seele, mit allen Fibern
seines Herzens. Endlich hatte er es er»
reicht; zu Anfang des Jahres 1829 er»
hielt er eine Professur am k. k. Gymna»
sium zu Cilli in Nnterfteiermark. Seidl
zählte damals 25 Jahre, er hatte sein
Ziel, wenngleich kein zu hoch gestelltes,
aber immer doch anständiges, in verhalt-
nißmaßig jungen Jahren und trotz der
damals noch nicht so sehr wie später ver»
pönten Schriftstellerei erreicht. An dem
Tage, an welchem er seiner Vaterstadt
örbewohl sagen mußte, um an seine Be»
stimmung abzugehen, löste er, ollen Bit-
ten und Warnungen seiner Freunde ent.
gegen, die ihm die Ehe al6 daS Grab
seines Dichtergenius schilderten, sein ge>
gebenes Wort und führte daS „schwarz»
augate Dirndl" zum Altar. Beim Hoch»
zeitsmahle, im Hause der Verwandten
seiner Braut, erschien Anastasius Grün,
welcher in den Jahren seines LiebelcbenS
der innigste Vertraute seiner Herzensange-
legenheit gewesen, um ihn noch einmal zu
umarmen und dann fuhr er mit dem Se»
parat-Eilwagen — es war im Frühling
1829 — mit Mutter, Tante und Braut an
den Ort seiner Bestimmung. Einige seiner
Freunde waren ihm nach Nendorf, Wiener- Neustadt, ja bis nach Gloggnitz vorausge»
eilt, um ihm das letzte Lebewohl zu sagen.
In Gratz angelangt, lernte er seinen Mit«
bewerber um die Cillier Lehrkanzel, den
Dichter Gottfried Leitner sBd. XIV,'
S. 344^. persönlich kennen, und am
29. April t 829 kam er in Cilli an, wo nun
für Jahre seines Bleibens war. Während
seines Cillier Aufenthaltes bot sich ihm
wiederholt Gelegenheit, durch Bewerbung
um eine höhere Lehrkanzel oder einen
anderen eintraglicheren Posten seine Lage
zu verbessern, aber Rücksicht für seine
Mutter, die jeder Veränderung einmal
gewohnter Verhältnisse abhold war, hielt
ihn ab, in dieser Richtung etwas zu thun.
und so blieb er etwa 12 Jahre in Cilli,
welches er innerhalb dieser Zeit nur ein«
mal verließ, als er mit seiner Frau im
Jahre 1838 Wien besuchte, wo ihm der
herzlichste Empfang zu Theil wurde und
er einen Bruder seiner Frau, Ka r l , den
er als Knaben verlassen hatte, als ange-
henden Virtuosen wiederfand, es war der
nachmals gefeierte Cellist Karl Schle»
singer sBd. XXX, S. 92. Nr. 4^>.
Wider alles Erwarten, obwohl er sich
endlich auf Zureden seiner wohlwollenden
Freunde doch zur Bewerbung entschlossen
hatte, erhielt er am 2. Mai 1840 die
Stelle eines wirklichen Custos am k. k.
Münz» und Antikencabinete in Wien. Ja
die Zeit seines Cillier Aufenthaltes fallen
auch jene Arbeiten, welche S e i d l'S
Namen in Aller Mund gebracht und ihm
eine bleibende Stelle auf dem deutschen
Parnaß sichern, es sind dieß seine „Lieder-
tafel", die ,Bifolien", die letzten Hefte
seiner'„Flinserln" und sein überall bei»
fällig aufgenommenes Dramolet ,Nll5
rrstr Veilchen". Aber auch noch eine Epi»
sode fallt in die Zeit stillen Behagens
und gemüthlichen Schaffens, nämlich
in den ersten Wochen 1840 tauchte plötz<
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Schwarzenberg-Seidl, Volume 33
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Schwarzenberg-Seidl
- Volume
- 33
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon