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Semlitsch Semlitsch
werden sollte. I n Grah hätte sich S.
auch kaum herausgearbeitet, als er
aber nach Wien kam, da mußte er sich
selbst weise beschränken lernen und aus
dieser Zucht semer selbst ging eine tüch»
tige, leistungsfähige, leider im vollsten
Triebe zerstörte Kraft hervor. In Wien
erregten seine Feuilletons bald Aufmerk,
samkeit', sie zeigten eine große Geistes»
frische, daS kritische Element war darin
vorherrschend, und seine feine, glänzende
Schreibart, sein mit leichten, pikanten,
oft von prickelnden SärkaSmen gewürzter
Styl fanden in einer Zeit journalistischer
Zerfahrenheit, wie sie in den Reactions»
jähren 4830—1836, in welcher ein Faun,
wie Saphir , mit den knorrigen Aesten
seines unlauteren Witzes herumfuchtelte,
bald allgemein Anklang und als Sem-
litsch mit noch einigen jüngeren jour-
nalistischen Kräften bei der von August
von Sch warze r begründeten „Donau"
eintrat, wurde bald das große Publicum
auf den jungen geistvollen Journalisten
aufmerksam. Dieß aNeS aber steigerte
sich. als S. in Gemeinschaft mit einem
zweiten geistigen Kempen, mit Rudolph
Valdeck. dem alten Saphi r zu Leibe
ging und im Jahre 1836 in der Wiener
Journalistik der berüchtigte Saphir -
Valdeck.Semlitsch.Scandal abge-
spielt wurde, in welchem Semlitsch
mit einem wahrhaft grotesken Humor
die Abwicklung der S aph ir»Mumie in
Nr. 33. 1836 der „Donau" vornahm,
und in den Nummern 72, 73, 74, 80 und
86 im Feuilleton deS Abendblattes der
„Donau" die Saphir'schen „Wilden
Rosen", diese mit wenigen Ausnahmen
gereimten Monstra geleckter und geschnie-
gelter Lyrik voll falscher Sentimentalität
und erborgtem orientalischen Bilder-
wüste in wahrhaft gelungener Weise
parodirte. Saphir 'S Nimbus war dahin und das haben Valdeck und
Semlitsch gethan; es war eine Her-
culeslllbeit. denn eS war die erste Rei-
nigung des Augiasstalles der Wiener
Journalistik, der seit den Befreiungs«
jähren nicht ordentlich ausgemistet worden
war. Saphir 's Rache verpuffte in einem
schalen Witze, indem er eine „Pracht-
AuSgabe sämmtlicher Schriften
der „Wiener moderneu Clas.
siker". t. Sem litsch. 2. Ernst von
Schwarzer. 3. Rudolph Valdeck.
Nach ihren Or ig ina l werken ge-
wissenhaft gesammelt, zusam»
mengestellt und herausgegeben
von M. G. Saphir . Kein „Koch.
buch" — also Druck und Verlag
nicht bei Car l Gerold." als Beilage
zum „Montagsblatt" Nr. 13 >M6) deS
„Humoristen" ankündigte und auf der
vierten Quartseite der übrigens unbe-
druckten vier Seiten, welche eben die
„sämmtlichen Schriften" der genannten
drci Autoren vorstellen sollten, am unteren
Rande die Bemerkung beifügte: „Die
Herren Bück binder werden ge-
beten, auf Ordnen und Heften
der Bögen große Aufmerksam'
keit zu verwenden, damit kein
Classiker auS dem Leim gehe.
Der Herausgeber." Um Wiederholungen
zu vermeiden, verweise ich den Literatur»
Historiker, welcher diese traurige Episode
in der Geschichte der Wiener Journalistik
des Näheren kennen lernen will, auf den
Artikel .Saphir" im XXVIII . Theile
dieses Lexikons, lro S. 220 u. f. der
ganze Scandal erzählt und S. 223 die
reiche Literatur über denselben mitgetheilt
wird. Von dieser Zeit an war Sem«
litsch's Name allgemein bekannt und die
Spalten aller Journale öffneten sich gern
seiner Feder. Es schlug aber im Gänzen
nicht zu seinem Besten aus. Semlitscb
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Volume 34
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Seidl-Sina
- Volume
- 34
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 402
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon