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mühungen einen Erfolg zu Theil werden
zu lassen. Als daher der König am
7. Mai sich entschloß, von Prag nach
Dresden zurückzukehren, mußte S. auf
Napoleon's Befehl sein Portefeuille in
die Hände des Königs zurücklegen und
begab sich zunächst nach Gratz, spater
aber in die Schweiz. Nachdem die
Schlacht bei Leipzig geschlagen war, eilte
S. sofort in das Hauptquartier der Ver>
bündeten. und war so glücklich, zu Frank,
fürt im Interesse des sächsischen Hauses
mehrere nicht unwesentliche Dienste zu
leisten. Da jedoch seine Verwendung in
den Angelegenheiten des Königs äugen»
blicklich einigem Anstand zu unterliegen
schien, trat er in die Dienste des Kaifers
von Oesterreich, wurde zunächst geheimer
Rath und Kämmerer und im December
18l3 mit einer Sendung in die Schweiz
beauftragt, durch welche der Durchmarsch
der österreichischen Truppen durch das
eidgenössische Gebiet und die neue poli»
tische Gestaltung der Schweiz eingeleitet
^ wurden. I n der Schweiz nämlich waren
durch dio Erfolge der Alliirten die Par.
teien heftig an einander gerathen. Die
Aristokraten als Anhanger des Alten,
triumphirten über die neuen Verhältnisse,
während die Freunde des Bestehenden
hofften, durch zweckmäßige und ruhige
Reformen das Mangelhaste und Fehlende
in der Bundesurkunde zu ergänzen und
das Ganze im Sturme zu retten. Die
Tagsaßung versammelte sich am 13. No>
vember 18l3 in Zürich und erklärte am
is.November die Neutralität der Schweiz,
rief aber nur 12.000 Mann unter Waf.
fen, welche die lange Grenze von Tirol
bis Basel decken sollten, und die überdieß
unter Anführern standen, welche mit den
Interessen der Aristokraten eng verbun-
den waren. Indessen mehrten sich die
inneren Verwicklungen, inbesondere als Abgesandte der Berner Aristokratie bei
den Monarchen in Frankfurt ganz falsche
Berichte über die Lage der Schweizer ge»
macht und den gegenwärtigen Bundes-
zuftand als einen Theil des französischen
Systems denuncirten, welches mit diesem
zugleich fallen und darauf die alte Ord>
nung der Dinge, wie sie vor 1798 be»
stand, wiederhergestellt werden müsse. I n
diesem Sinne wirkte ein geheimer Verein
von Aristokraten zu Waldshut auf die
inneren Verhältnisse der Schweiz und die
Hindernisse räumte zahlreich ausgespen>
detes englisches Geld aus dem Wege.
Die Alliirten betraten Schweizerboden,
die eidgenössischen Truppen verließen ohne
Gegenwehr — ihr Anführer Rudolvh
von Wattenwyl war selbst in die
Pläne der Aristokraten eingeweiht und
nahm Theil an den Umtrieben gegen sein
Volk — die Rheingrenze in solcher Eile,
daß selbst mehrere Posten unabgelöSt
stehen blieben! Muthlos, rathlos war
daS Volk. Die Proklamationen deS
Oberfeldherrn Fürsten Schwarzen-
berg und die Versicherungen der auS
dem Hauptquartiere abgeordneten Diplo«
malen. deS NitterS von Leb zelte rn
und Kapodistr ias, lauteten beruhi»
gend: eine Neutralitat könne nicht zuge-
standen werden, die blos dem Namen
nach bestehe; aber die Heere der Verbün.
deten hofften in der Schweiz nur Freunde
zu finden; die Monarchen würden die
Waffen nicht eher niederlegen, bis der
Schweiz die Wiederherstellung der ihr
von Frankreich entrissenen Gebietstheile
gesichert sei; in die inneren Verhältnisse
und Verfassungssachen würden sich die
Monarchen nicht mischen, aber auch nicht
dulden, daß die Schweiz einem fremden
Einflüsse unterworfen bleibe; ihre Neu<
tralitat werde von dem Tage an aner»
kannt werden, wo sie frei und unabhän»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Seidl-Sina, Volume 34
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Seidl-Sina
- Volume
- 34
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 402
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon