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) Georg Ludwig 18 Siwendorf, Georg Ludwig
pold I, zum Hofkammer«Präsidenten. Im
Jahre i653. nachdem er die freie Reichäherr<
schaft Tannhausen käuflich erworben, wurde
er auf dem Neicbstage zu Reaensvmg auf
der schwäbischen Grafenbank in den Reichs«
rath eingeführt, 1654 mit dem Reichs-Erb.
Schatzmeister.Amte belehnt. Er war wirk»
licher geheimer Rath, Kammer-Präsident und
Ritter ves goldenen Vließes. AlS Kammer«
Präsident hatte er die Leitung des Finanz«
wesenS in Oesterreich unter sich. In dieser
Eigenschaft hat er durch Unterschleife aller
Art sein Andenken geschändet. Zwanzig
Jahre l.-.ng hatte er in dieser so wichtigen
Stellung sein Unwesen getrieben. Als er
den Pollen antrat, besaß er nichts, als aus
der Heirmh mit seiner ersten Frau, einer ge,
borenen Iörgrr, zwei mittelmäßige Güter,
allmälig war er zu einem großartigen Güter«
besitz gelangt und Eigenthümer der Herr»
schaften Frid.au, Einöd, Hasenbach, Gföhl.
Maienbura, Renncrsdorf, Sitzendorf, Wol»
persoorf und TraiSmauer. DaS Geheimniß
einer für ihn — aber leider nicht für den
Staat — so segensreichen Verwaltung ent«
hüllt uns Johann Graf Mai la th in seiner
„Geschichte Qesterrreichs" ^Bo. IV, S l77j.
S inzrndor f besetzte nämlich alle Stellen
mit seinen Creaturen, ueruuchte die eingelau-
fenen Gelder nur zum Theil und wußte durch
Bestechungen jede Reuisiun zu vereiteln. Die
Aemter und Stellen, welche Souveräne an
würdige Männer und ihre Günstlinge zu
verleihen pflegen, verkaufte er nach Vclübcr>,
alte Scaats» und Hofschulden brachte er um
einen Spottpreis an sich. um sie sich dann
in ihrem vollen Nennwerthe auszahlen zu
lassen. Um diesen amtlichen Mißbrauch und
diese Gaunereien zu verdecken, grriethl'n
ganze Bände der amtlichen Schuldbücher „in
Verstoß", ohne daß der Thäter zu eruiren
war, wenngleich der Hofkammer-Nath und
Vice-Piäsident Johann Qucnt in in einer
Klageschrift deutlich auf den Urheber hinwies
und beiläufig die Summen angab, um welche
der von Haus aus mittellose Hofkammer«
Präsident sich bereichert haben sollte. Aber
nicht Quent in allein, auch der erste Mini»
ster des Kaisers, Fürst Lobkowitz, erklärte
offen dem Kaiser, daß das Verbleiben Sin»
zenoorf's ün Amte nicht nur den Ruin der
Finanzen, sondern den Untergang des Staates
zur Folge haben müsse, denn die Armee
erhalte keinen Sold und befinde sich in einem
Zustande, der ihre Schlagfertigkeit geradezu unmöglich mache. Endlich war der Kammer».
Credit so erschüttert, daß Niemand mehr dem
Fiscus creditiren wollte. Immer hatte der
Kaiser gezögert, den Schuldigen zur Verant.
wortung zu ziehen. Nun aber war die Auf»
regung der Gemüther auf's höchste gestiegen,
die öffentliche Meinuna, die den Grafen
rückhaltslos als einen Betrüger bezeichnete,
mußte befriedigt werden und der Kaiser ließ
zuletzt dem Gesetze seinen Lauf. Der Graf
wurde inmitten eines Festes, das er mit
den für die Armee des Prinzen Eugen
von Savoyen angewiesenen und unterschla«
genen Summen in feenhafter Weise in Scene
gesetzt, uerbaftet und in Anklagestand ver»
setzt. Die Untersuchungs«Commission wurde
der in der Residenz über die Sache herrschen-
den Aufregung weaen nach Linz versetzt und
am 9. October 1680 trat das Gericht zu»
sammen. Die Anklage bezo,g sich auf folgende
Puncte.- Mißbrauch der Amtsgewalt, Mein-
eid, Dicbstahl. Unterschleif und Erpressung
^orimiuis kai^i oonousLioniZ lurti, ^soula-
tuL, ixiHu.i'ii, rspetülläaruiQ nsFisoti st
inkio Käniinisti-Hti rMoii). Das Urtheil aber '
lautete: 4. der Inquisit Graf Georg Lud«
wig von S inzendor f soll Ihrer Majestät
l.970.000 Gulden restituiren und erlegen;
2. aller Aemter entsetzt sein; A. an einem
Ihrer Majestät beliebigen Orte privat leben,
und 4. soll es dem Fiscus vorbehalten sein,
wegen der noch nicht genuasam erläuterten
Puncte und was noch ferner Neurs vor»
kommen möchte, wider den Inquisiten zu
agiren. Der Graf überlebte diese Schmach
nicht lange, denn Mitte December d. I .
starb er. 61 Jahre alt. Srine Witwe, seine
zweite Frau. Dorothea Elisaöell) Prinzessin
von holjkcin ^8) eine prunksüchtige, verschwen«
derische Dame, die durch ihre Verschwen»
düng nicht unwesentlichen Antheil an deS
Grafen Verbrechen haben mochte, erhielt
durch die übergroße Gnade des Kaisers zu
ihrer und ihrer Kinder Erhaltung und Erzie,
hung einige Güter zurück. Des Grafen Kin-
der stammten nur aus dieser zweiten Ehe.
De.r älteste Sohn Christian Ludwig war
vor dem Feinde geblieben, nachdem er um
mehrere Jahre des Vaters Schande überlebt.
Der zwcite, Ph i l ipp Ludwig s^iehe diesen
Nr. 2<>I, erlangte die höchsten Aemter und
Würden, und die einzige Tochter Mar ie
Leopold ine vermalte sich mit Friedrich
Wi lhe lm Prinzen von Hohenz ollern«
Hechingen. ^N eu e fre ie Presse (Wie.«
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Volume 35
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sinacher-Sonnenthal
- Volume
- 35
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 388
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon