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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sinacher-Sonnenthal, Volume 35
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Page - 71 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sinacher-Sonnenthal, Volume 35

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Skoda, Joseph ^ Joseph und Forschers über die Nothwendigkeit und Folgen der verschiedenen Herzbildungen, er beweist, wie vor ihm noch Keiner, daß man aus den Tönen und Geräuschen, die den, horchenden Ohre des Arztes entgegenhallen, alle Veränderungen des erkrankten Herzens so genau erkennen kann, wie der Anatom, der das Herz mit dem Secirmesser zerlegt, und nachdem er während einer Stunde die scharfsinnigsten Beweise geführt und die rich- tigsten Schlüsse gezogen, wendet er sich an den Vatienten und fährt also fort: „Was diesen Kranken anbelangt, so ist sein Puls sehr klein, düim, fadenförmig, kaum fühlbar, kalter, klebriger Schweiß tritt auf seine Stirne, die Augen werden verglast, der Athem unmerk. lich der Patient hat aufgehört zu lebeil". Und so war es. Dieser unerwartete Schluß seiner Rede machle auf die Zuhörer, die nur auf den Vortrag gelauscht und den Patienten gänzlich vergessen hatten, einen erschütternden Eindruck. Die gleichmäßige Ruhe, mit welcher skoda gesprochen, die er bei seinen Volträgen. und sei es am Bette eines Sterbenden, immer bewahrte, verschaff« ten ihm bei dem großen Publikum den Ruf der Gleichgilligkeit, der TheilnahmSlosigkeit. Und doch war es nicht ganz so. — So trug er denn-seit langer Zeit, seit er Student und ehe er noch einer der hervorragendsten Begrün» der der Wiener medicinischen Schule gewor- den. „Unaussprechliche" von jenem Schnitte eines noch unaussprechlicheren Bestandtheils, wie sie unsere Vorfahren trugen. Doctor 8koda wurde ein berühmter Mann, ein Iahrzehend nach dem anderen verfloß, aber während sich Alles änderte, die „Unaussprech' lichen" mit dem noch unaußsprechlicheren alt' modischen Bestandtheile «koda's blieben unverändert. Die Eollegen des Meisters d>,r Auskultation und Percussion neckten ihn ab und zu ob der „Unaussprechlichen" u. s w,, aber Or. .^ koda ließ sich necken un5 sein Kleid nicht modcrnisiren. Man glaubte, es sei dieß Haß gegen neue Moden, als plötzlich eines Tages der berühmte Kliniker in einer gcmz elegan» ten „Unaussprechlichen" erschien. Allgemeines Erstaunen, Lächeln, Fragen, und endlich er« wiedcrte der Gelehrte: „Ich wohnte als Stu» dcnt und später bei einem Schneider, der mir viele Gefälligkeiten erwies, der mich unterstützte. Ich blieb deßhalb sein Kunde, und da der alte Mann die Beinkleider nur auf seine Art machte, so trug ich sie, wie er sie mir brachte, so lange er lebte. Jetzt ist der brave Mann gestorben und ich trage — moderne Beinkleider". Wohl ist dieser Zug genügend, um die dem berühmten Manne angeredete Gemüthlosiqkeit in entsprechender Weise zu illustriren. — Und noch nach einer Seite griff man in das Seelenleben des Ge- lehrten, und das geschah nicht von den Laien, sondern von seinen Collagen selbst. Doctor Bernhard Hirsche l in seinem Compendium der Geschichte der Medicin schreibt im Namen dieser Partei ausdrücklich: „An die Licht- seiten der Lkoda'schen Methode heftet sich ein großer Schatten. »8koda ist es, welcher im Zusammenhange mit seiner anatomisch' physikalischen Richtung an einem Einfluß der Heilmittel auf die Krankheitsvorgänge ver» zweiftlt. Seine Nüchternheit in dieser Be» ziehung nahm große Dimensionen an und wurde zum Unglauben, Sein Skepticismus der Meinung führte zu ein-em N i b i l i s mu s der That. Die in solchem Mißtrauen unternommenen Versuche, welche schon von vornherein nichts Lebensfähiges prophezeiten, wurden um so resultatloser. als skoda's Methode zu erperimentiren, der ersten Vor» aussetzungen in der Therapie, nämlich der Kenntniß der Heilmittel und des Individuali» sirens, entbehrte. Der Aderlaß, der I'a:-- Lu,i-U5 LtidiktuL, das Opium, das Nitrum, die Tifanen — so ohne Princip und ohne Differenz sckablonenartig verwendet, mußten zu gleichtt'isten Resultaten führen, von denen man ja im voraus überzeugt war. So ward 8koda der wissenschaftliche und „geflissent» liche" Urheber des Nichtsthuns, welches sich als expectative oder physiatrische oder diäte» tische, ja gar als physiologische Methode ge» bndet (weil es den Gang der Krankheit unverändert laßt), und welches von dem großen Haufen seichter und bequemer Nach» folger so willig acceptirt wird. Die Un- wissenheit principiell beschönigt und die Ueber, treibung der Polypharmakosterei in das Er- trem des die Hände in den Schooß!egens verwandelt — daS sind traurige Auswüchse am Baume der Medicin, welche in dem Boden dieser sonst so tüchtigen Wiener Schule keimten". Gegen diese Anschuldigung des Dreüdener Arztes traten selbstverständlich «k oda'ü Schüler entschieden auf. Sie berich- ten von ihrem Lehrer, wie er mit unbe« zwingbc-rer Logik seine Hörer gefangen nahm, sie nach einer anregenden Exposition in die schwierigsten Probleme einführte, bis ent- weder die Lösung gefunden oder die Grenze-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Sinacher-Sonnenthal, Volume 35
Title
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Subtitle
Sinacher-Sonnenthal
Volume
35
Author
Constant von Wurzbach
Publisher
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Location
Wien
Date
1877
Language
German
License
PD
Size
13.41 x 21.45 cm
Pages
388
Keywords
Biographien, Lebensskizzen
Categories
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