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) Paul 303 Somsich, Paul
dürfe; es werde sich Ungarn mit Croa»
tien wieder verständigen, bis dahin
behalte es ihm ein reines Blatt in
der ungarischen Konstitution, niemals
aber werde man auf das Terrain der
Vorwürfe oder gar des Zwanges sich be
geben. Die Rede machte in allen Kreisen,
selbst jenseits der Leitha einen günsti«
gen Gindruck, und seither richteten sich
die Blicke öfter auf diesen Mann echt
vaterländischer, aber gemäßigter Gesin-
nung. Im Jahre 1863 erschien eine
anonyme politische Flugschrift, „Zur 3ö
sung" betitelt, welche von dem Journal
„Pesther Zloyd" kathegorisch Somsich
zugeschrieben wurde. Doch bald stellte es
sich heraus, daß man S. nur die Autor
schaft unterschoben habe, und er an be
sagter Sckrift auch nicht den mindesten
Amheil hatte. Im Jahre 1863 schweb
ten zwischen dem damaligen Hofkanzler
und So msich lebhafte Unterhandlungen
wegen Uebernahme des Postens eines
Vice-KanzlerS und bei seiner Stellung als
einer der einflußreichsten Führer und glän-
zender Redner wurde dessen Ernennung
von allen Parteien gewünscht. Sie er»
füllte sich aber nicht. I m Jahre 1867
wurde dann eine Duell - Angelegenheit
zwiscken Csernätony und Somsich
in Folge einer aggrejsiven Aeußerung des
Letzteren über die politische Vergangen»
heit des Ersteren in den Journalen col»
portirt. welche später auch im Sand ver»
lief. Später bekleidete S. die Stelle d '^s
Präsidenten im ungarischen Abgeordneten»
Hause. Als im Jahre 1872 die neuen
Wahlen für den ungarischen Neicbstag
Statt fanden, hatte Somsich seinen
Entschluß, vorgerückleren Alters wegen,
sich von den politischen Angelegenheiten
seines Vaterlandes fern zu halten, am
Schlüsse deS letzten Reichstags in einem
offenen Schreiben an die Wähler des Rigyiczer Bezirks ausgesprochen. Nichts»
deftoweniger wurde er im nämlichen
Bezirke in einer Wahlversammlung von
über 1000 Wählern mit 832 gegen
169 Stimmen dennoch wiedergewählt.
Soms ich konnte nun das auf ihn
gesetzte Vertrauen nicht besser erwie-
dern, als daß er, obgleich bereits über
60 Jahre alt, wieder die Wahl an»
nahm. I n seinem politischen Verhalten
im Allgemeinen consequent, richtete sich
die allgemeine Aufmerksamkeit in den
letzten Tagen des Jahres 1876 mehr auf
ihn, als die Debatten über das Budget
des Cultus- und Unterrichts-Ministeriums
Statt hatten; zu deren Schluß der Unter»
richtsminister Trefor t von dem Ab-
geordneten I rä.nyi energisch interpellirt
wurde, warum er bisher keine Gesetzent»
würfe über die Regelung der Religions-
freiheit und die Civilehe vorgelegt, und
aufgefordert wurde, es sofort zu thun.
Als sich darüber eine heftige kirchenpoli»
tische Controverse entspann, welcher der
Reichstag bisher mit Glück und Absicht
auszuweichen verstanden hatte, betheiligte
auch Somsich sich an derselben und
nahm keinen Anstand auszusprechen:
„daß eine Bekenntnißfreiheit gar nicht
gewährt werden könne; das würde zu
einem Chaos, zur Irreligiosität führen;
keine Confession des Landes fordere diese
Freiheit; dieselbe würde nur schädlich
sein. Ein Gleiches gelte von der Civilehe,
und werde diese höchstens von Einzelnen
verlangt". Bekanntlich wurde der An«
trag I räny'S mit 187 gegen 80 Stim-
rnen abgelehnt, wobei jedoch nicht wem»
ger denn 141 Deputirte abwesend waren,
somit die Regierung sich eben keines glän-
zenden Sieges rühmen durste. Weit ein»
dringlicher wirkte Somsich in den Ta»
gen des Beginns des russisch-türkischen
Krieges, indem er an den Minister-Präsi-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Volume 35
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sinacher-Sonnenthal
- Volume
- 35
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 388
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon