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Sonnenthal. 346 Sonnenthai
selbst und vollendete dann das sogenannte
„Meisterstück", ein elegantes Seidengilet,
wurde auch als Gesell freigesprochen und
sollte auf Wanderschaft gehen. Kaum in
den Besitz seines Wände rbucr es gelangt,
fuhr er (16. October 1830), um Arbeit
zu suchen, mit dem nächsten Dampfboote
nacd Wien. Statt aller Arbeit suchte S.,
sobald er in Wien angekommen war, daä
Burgtheater auf. Dort sah er Bogumil
Dawison in Otto Ludwig's „Erb-
förster" und der Gedanke, zum Theater
zu gchen, gedieh zur Reife. Am Morgen
nach der Darstellung begab sich S. zu
Dawison, der damals nocb nicht in
Selbstüberschätzung auf alles neben ihm
Ringende mit Verachtung herabsah und,
nachdem er Sonnentbal 's Anliegen
gehört, ihn auch den bekannten Monolog
Karl Moor's : „ Menschen, Menschen..."
hatte vortragen lassen, sich bereit erklärte,
ihm dramatischen Unterricht zu ertheilen.
Für dramatischen Unterricht war wohl
gesorgt, aber für die Deckung der mate-
riellen Bedürfnisse nicht, und auch diese
wollten befriedigt werden. Sonnen-
thal ließ somit — nachdem ihm das
Geld ausgegangen, das er aus Pesth
mitgebracdt — zu Anfang des Jahres
1831 in's „Fremdenblatt" die Anzeige
einrücken: „Ein junger Mann, Ungar,
wünscht sowohl in seiner Muttersprache,
als au.'d im Französischen Unterricht zu
ertheilen. Geneigte Anträge u. s. w."
Ein Techniker aus Pesth. der eilends nach
seiner Heimat abreisen mußte, übertrug
ihm im Hause eines Obersten eine ^ection.
Der Oderft, dem der junge Mann gefiel
und dessen Lage er auch durchgeblickt,
nahm nun selbst Unterricht im Unga«
riscken, während er seine Kinder, zwei
Knaben und ein Madchen, im Franzö-
sischen unterweisen ließ. Vor äußerster
Noth geschützt, setzte S. nun, von Dawi- son unterrichtet, seine Studien fort, bis
ihn nach etwa zwei Monaten Dawison
dem Director Laub e vorstellte. Laube
ließ sich von S. einige Scenen des Mor-
t'lmer aus „Maria Stuart" vorspiele-n
und entließ ihn mit dem Versprechen, ihn
im Auge zu behalten; auch gestattete er
ihm, bis er Engagement habe. als Statist
mitwirken zu dürlen. Aber schon wenige
Wochen später, erhielt S. durch Vermitt-
lung Dawison's ein Engagement als
erster jugendlicher Held und Liebhaber
am Theater in Teiuesvar. Es war ein
Engagement mit monatlichen 30 Gulden.
Bis dahin hatten seine Eltern keine
Kenntniß davon, daß ibr Sohn die
Schneiderei aufgegeben. Nun übernahm-
Dawison die Vermittlerrolle bei den
Eltern, denen er in einem Briefe begreif-
lich machte, daß sie seinem Talente nicht
länger hinderlich entgegentreten sollten.
Der Brief verfehlte seine Wirkung nicht..
Am 30. Ottober 1830 betrat S. in
Temesvär als Hauptmann Phöbus im
„Glöckner von NotreDame" zum ersten
Male öffentlich die Bühne. Mit 30 Gul-
den Monatsgage war S. engagirt, da
trat eines Tages der Temesvin'er Direc-
tor an ihn heran und machie ihm begreif»
lich, daß er nock allzusehr „Anfänger"
und er vorderhand uu>.' 20 Gulden
monatlich werth sei. Sonnen thal
fügte sich nothgedrungen. In einem Hal-
den Jahre wanderte er mit seiner Gesell»
schaft nach He r mannst ad t. wo er drei
Jahre (bis 10. April 1834) verblieb.
Daselbst entwickelte sich sein Talent bald
so entschieden, daß ihm der Direcior von
Saison zu Saison die Gage erhöhte. Im
Frühling 4834 nahm er ein Engagement
in Gratz an, trat aber noch vorher auf
seiner Durchreise in seiner Vaterstadt
Pestb auf, wo seine Eltern ihn als Don
Car los. Baron W albeck im Lust-
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sinacher-Sonnenthal, Volume 35
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sinacher-Sonnenthal
- Volume
- 35
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1877
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 388
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon