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Spieß) Christian Heinrich 137 Spieß, Christian Heinrich
Heinrich Spieß und seinen Fachge»
noffen Karl Gottlob Kramer, Chr. Aug.
Vulp iuS, dem Schwager Göthe's,
Leibrock, De l la ro sa u. A. „Reckm-
hafte Helden, die so mit Muskel und
ManneSkraft ausgestattet wurden, wie
es daS geduldige Papier und der vielver-
mögende Glaube der Kutscher und Sol-
daten nur irgend zuließ, glücklicher in der
Liebe als der keckste Musketier oder lieder.
lichste Bediente, im Trinken so tüchtig und
unablässig wie der renommirtestoBursche,
der
sick
Studirens halber auf Universitäten
aufhielt' daneben einige Fraulein, zart
wiediezarteste Schneidermamsell, leidende
Nonnen ohne Vergleich; Weiber wie die
Dragoner und boshaft wie die Hölle;
Räuber, edler als der edelste Gyrnna.
siast, wenn er sich fühlt; Raubermädchen
die Büchse und Dolch führen und den
ermüdeten Freund auf ihren Schooß aus«
schlafen lassen: Pfaffen voll teuflischer
Sinnlichkeit und abgefeimter Ränke;
schauerliche Burgverließe und Todten«
grüfte; Geister, die grausenhaft aus sechs
Fuß dicken Steinwänden hervorschweben,
Hieb und Stich widerstehen und vor dem
entsetzten Blicke in das Nichts der Phan-
taste verschwinden: daS Alles mit Blut.
Fluch, Mord, Entführung und Nothzucht,
Blutschande und jedem Greuel gemengt,
auf den daS peinliche Halsgericht Stau»
penschlag und Feuertod. Sacken und Pfäh»
len, Hängen und Rädern, Viertheilen und
Zwicken mit glühenden Zangen androht—
eine Weltder idea'en Rohheit —", so cha»
rakterisirt der gewiegte Literarhistoriker
der deutschen Dichtung Karl Gödeke
diese Gattung Romantik, als deren Haupt
oder doch verbreitester und gelesenster
und heut noch unter dem Polsterkiffen
einer sentimentalen Zofe selig ruhender
Vertreter, Christ ian Heinrich S..
angesehen werden kann. Wie sich sein Komödiantenleben, aus welchem er wohl
manchen Stoff für seine literarischen Nn-
geheuerlichkeiten geschöpft haben mag,
abgespielt, wird nirgends berichtet; aber
auch über sein späteres Leben, über wel-
ches die Conversations'Ierikons und Lite»
raturgeschichten nichts NähereS oder Ge>
naueS zu berichten wissen, ist wenig oder
Irrthümliches bekannt. Hicr soll diese
Lücke ergänzt werden. Spieß, heißt es.
sei Wirthschaftsbeamter auf dem Schlosse
Bezdiekau gewesen. Dem ist nicht so^ Er
war blos ein Günstling des damaligen
Besitzers von Bezdiekau. des Grafen K ü»
nig l ; wohnte in deffen Schloß, aß an
seinem Tische, machte mir ihm Reisen,
gmg zur Zeit der Aussaat und der Ernte
auf dessen Güter und versah in dieser
Zeit das Geschäft eines WirthschaftSauf.
sehers, „denn", wie der alte Forstmann,
der dieß erzählt und der Spieß noch
persönlich kannte, ja dessen vertrauter
Diener war. beifügt, „ganz umsonst kann
man ja einen Schriftsteller nicht füttern".
Da sich der Graf Künig l am liebsten
auf seinem Gute Bezdiekau aufhielt, so
brachte auch S. seine meiste Zeit daselbst
zu, namentlich in dem ihm vor Allem lieb-
gewordenen und sehr anmuthigen Angel«
thale. Da ihm der Graf sehr zugethan,
Sp ieß überdieß ein seelenguter Mensch
war. dessen sanftes, liebreiches Wesen
ihm b.ald die Neigung eines Jeden, der
mit ihm verkehrte, gewann, so erfreute sich
S. bald in der ganzen Umgebung allge-
meiner Achtung und Beliebtheit. Sor-
genloS — denn er arbeitete steißig —
flössen seine Tage dahin, und nun. da er
eine schöne Frau genommen, die ihm von
Herzen zugethan war, fehlte seinem
Glücke nichts. Aber dieseS Glück sollte
ln'cht von langer Dauer sein. Bald gab
ihm seine Frau Anlaß zur Eifersucht und
da S. diese nicht velbarg, wurde die
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Volume 36
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sonnklar-Stadelmann
- Volume
- 36
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 376
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon