Page - 185 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Volume 36
Image of the Page - 185 -
Text of the Page - 185 -
Spitzer, Daniel 185 Spitzer, Daniel
lief und eine Nelke anbot: ein Salem, der
Sehnsucht nach Kupfermünze bedeutet": — wie
„Cafs-Dammnüde mit gelangweilten Beinen
an den Tischen saĂźen, und den letzten Rest von
Kraft benutzten, um ein Glas ins Auge zu
schieben". — Von zwei im Wartesaal Platz
nehmenden Damen bemerkte er. „wie die Toch»
ter sich daran machte, ein kleines Stillleben
von Pfirsichen und Marillen, das sie in
einem TĂĽchlein mit sich fĂĽhrte, zu tickten;
wähieno die erfahrene Mutter „all ihr Füh»
len, all ihr Denken" in einen Kalbsschlägel
versenkte". — Dem Wanderer durch reizende
Gefilde, wo alles Kunde von des Volkes
, fleißiger Arbeit gibt. ruft er zu: „sei getrost,
das Auge des Steueramtes wacht ĂĽber sie".
— „Die Verlassenheit der Tbäler des Mangart
schildert er als so groß, daß — auch nicht
einmal Steuereinnehmer hier wohnen". —
Von einer Dame, deren Alter offenbar
zu gering angesetzt war. bemerkt er „daß
sie unter BrĂĽdern mebr als das Doppelte
werth, und, gelinde gerechnet, in jenem
Alter war, in welchem das weibliche Ge-
schlecht ohne Zaudern sich in das Rauchcoup«
deS Stellwagens setzt". — Bei einem Festessen
„sah er Plötzlich vor sich den Teller gefüllt, ein
rauker Septemberwind hatte herbstlich dĂĽrres
Laub in seine Suppe gestreut — in der
Menusprache wĂĽrde das Iuliennesuppe ge<
nannt". — Bei eben diesem Festessen erscheint
ihm die Sprache des MenĂĽ wahrhaftig dazu
da. um die Speisen zu verbergen. „Noch nie
habe er einen Ochsen mit so unzureichenden
Fleischmitteln ein Roastbeef spielen gesehen."
— Bei einem längeren Urlaub, den er an<
tritt, „bittet er, nicht daraus zu schließen, daß
rr gestern Minister oder Statthalter gewor'
den sei" , und wenn im Burgtheater die
AusfĂĽhrung neuer StĂĽcke bevorsteht", fragt er,
„od das nicht Grund aenug sei. ein gesunderes
Klima aufzusuchen?" — Auf seiner Reise
fand er „im Mailänder Dom ein Dutzend
blonde Insulaner unter der rauhen HĂĽlle
wallender Locken ihre warmen abgetragenen
deutschen Beinkleider bergend, welche das
schöne einfallende Licht zu malerischen
Zwecken mißbrauchten, und die sorgfältig ge.
arbeitete vaterländische Leinwand muthwillig
mit dem Pinsel zerstörten". — Von der im
Dom befindlichen Statue des lebendig ge<
schundenen h. Bartholomäus, nieint er.-
„weiter als hier könne die Darstellung des
Nackten wohl nicht getrieben welden". —
Und bei dem Aufzischen eines Sängers im Theater findet er, „daß eine solche Lynchjustiz
wie sie von dem italienischen Theater-Pu«
blikum geĂĽbt wird, den Deutschen, der nur an
das lanasame schriftliche Verfahren eineS
fournalistlschen Nichter «Collegiums gewohnt,
sehr peinlich berühren würde". — Als er
(18«8) eines Morgens auf einer Fahrt, die
Sonne in Rom aufgehen sah. „bittet er. ihn
nicht zu verrathen, daß er dieser polizei»
widrigen Scene beigewohnt, er könnte sonst
leicht einen Anstand in Rom haben". — Be»
züglich der römischen Juden, von denen
man erzählt, daß sie. wenn sie am Triumph«
bogen des Titus vorĂĽber gehen, ausspeien,
meint er: „sie thun daran Unrecht und soll«
ten im Gegentheile Halleluja singen, daĂź sie
noch immer leben, und daran denken, daĂź
es bei weitem besser ist, auf der Oberwelt
mit alten Kleidern zu handeln, als in der
Unteiwelt in einer neuen Toga spazieren zu
gehen". — Bei einer Fahrt, auf welcher
Cypressen und Pinien ihn freundlich grĂĽĂźten,
„erschien es ihm wie cin Frevel, im Vorbei»
fahren eine Aehnlichkeit zwischen Cypressen
und zugemachten, und zwischen Pinien und
aufgeniachten Regenschirmen zu finden". —
Ueber das italienische StraĂźenleden bemerkt
er, „es ist ein Volksauflauf der von Stunde
zu Stunde an Ausdehnung gewinnt. Um
eine Feige entsteht ein Feilschen das lärmender
ist, als eine Panique auf unserer Börse, und
ein Brezclnverkäufer entwickelt größeres Pa»
thoS als ein Vurgtht aterheld. der mit umgeben-
der Post ins Gewühl der Schlacht stürzt". —
Von einem Wiener Parvenu, der vor kurzem
geadelt ward. sagt er, „daß ikm vor wenigen
Monaten von der competenten Behörde die
Erlaubniß zur öffentlichen Ausübung der
Aristokratie ertheilt worden ist". — Vom
Rindvieh, das geschlachtet wird, sagt er.- „es
erliegt seinen BerufSpftichttn". — Nri dem Tode
Tegetthoff 'ö schreibt er: „es steht uns jetzt,
nachoem Tegetthoss gestorben ist. kein Hinder-
niĂź im Wege, auch zur See tĂĽchtig geschlagen
zu werden". —Auch an flachem Wortwitz. so>
genannten Kalauern, fehlt es nicht in Sp iv
z e r's Spaziergängen, doch kommen sie selten
vor — so sprickt er unter Anderem von einer
„Oratio pro sodornn,« und als von einer
Vorstellung im Hofburgtheater die Rede ist,
in welcher Hofschauspieler Gabi l lon mit<
wirkte, „von einer Gabillonischen Verwir-
rung". -— Wenn er stellenweise literarische
und artistische Persönlichkeiten unter seine Fe<
der bringt, so ist er wirksamer in wenigen
back to the
book Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Sonnklar-Stadelmann, Volume 36"
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Volume 36
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sonnklar-Stadelmann
- Volume
- 36
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 376
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon