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Spohr 216 Spohr
denn sein Aufenthalt in Wien und sein
Einfluß auf das Musikleben der Residenz
waren dock nickt nachhaltig genug, um
ihm eine vollständige Lebensskizze einzu»
räumen. So weit er also für die Musik-
Geschickte Wien's bedeutsam erscheint, sei
seiner gedacht. Spohr hatte im I . 4805
nach des Concertmeisters Ernst in Go>
tha Tode, sich um dessen Stelle bewor»
ben und sie auch erhalten. Am 1. Oc-
tober g. I . hatte er fein Amt angetreten.
Anfangs Februar des folgenden Jahres
heirathete er Docette Scheidler,
eine Tochter der gothaischen Hofsängerin
Scheid ler und eine vortreffliche Har»
fen- und Clavierspielerin. Mit semer
Gattin unternahm nun S. seit 1807
kleine Kunstreisen; eine derselben führte
beide im Herbst 1812 nack Wien. wo S.
als Violinspieler eine ungemein ehren»
volle Aufnahme fand. Als Geiger ver«
dunkelte er alle anderen neben sich.
selbst den berühmten Rode. Ueber S.
als Cornpositeur waren die Ansichten ge.
theilt. Am 21. und 24. Jänner 1813
ließ er sein Oratorium: „Das jüngste
Gericht", Text von A. Arnold, im gro-
ßen Nedoutensaal aufführen. Sa l ie r i
leitete das Ganze, Umlauf accompag.
nirte am Clavier, Sp oh r dirigirte bei
der ersten Violine. Das Urtheil, welches
der „Wiener Correspondent" der „All.
gemeinen Musik-Zeitung" damals aus»
sprach, lautete dahin: „daß Spohr im
strengen Satze mehr leiste, als Eybler
in den kurz vorher gegebenen .Letzten
Dingen", daß aber die Arien und Duet.
ten nicht im echten Oratoricnstyl. son-
dern mehr im italienischen Opernstyl sich
bewegen, auch Reminescenzen an die
„Schöpfung" und die „Zauberstöte" ent-
halten". S. zog das Werk selbst zurück,
ließ es weder drucken noch je wieder
aufführen, obgleich er noch in späteren Jahren eine gewisse Vorliebe dafür fest»
hielt. Als Censur-Curiosum sei bemerkt,
daß die Wiener Censur salso schon 1813)
im Personen-Verzeichnisse, wie im ganzen
Text die Namen Jesus und Mar ia
strich. S. rüstete sich eben, um Wien zu
verlassen und seine Kunstreise fortzu«
setzen, als er von dem damaligen Un«
ternehmer des Theaters an der Wien,
Grafen Palf fy. den Antrag erhielt, bei
seiner Bühne als Occhester-Director und
Kapellmeister (neben S ey fr i ed) einzu»
treten. Die Bedingungen waren glan»
zend, und Spohr nahm den Antrag
an, ging nach Gotha, um seine Ent>
lafsung von der dortigen Stelle zu ho»
len und überhaupt seine Angelegenhei-
ten dort zu ordnen, und trat im Mai
1813 in sein neues Amt. Eontractlich
war er auf drei Jahre engagirt, aber
schon im Verlaufe des zweiten Jahres
stellten sich solcke Differenzen mit dem
Grafen PHl f fy heraus, daß S. seine
Stelle verleidet wurde und bereits schon
mit Ende des zweiten Jahres beide
Theile den Contract auflösten. Im
Frühjahre 1813 verließ Spohr mit
seiner Familie Wien, begab sich zunächst
ouf mehrere Monate nach Schlesien,
welche er in der Familie des Fürsten
Caro lo th verlebte, dann sehte er seine
Kunstreisen fort und nahm erst im
Herbst 1817 bleibenden Aufenthalt in
Frankfurt om Main und die Capellmei»
sterstelle bei dem dortigen Theater an.
Wahrend seines Aufenthaltes in Wien
1813—1815 schrieb S. mehrere Streich-
Quartetten und Quintetten, Violinsachen
u. s. w.; dann die Oper „Faust", und
zur Feier der Leipziger Schlacht die
Cantate: „Nas befreite Deutschland". We-
der Oper noch Cantate kamen wahrend
S.'s Wirksamkeit in Wien zur Auffüh«
rung. Die Cantate, Text von Karolina
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Sonnklar-Stadelmann, Volume 36
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Sonnklar-Stadelmann
- Volume
- 36
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 376
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon