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Stadion-WaithanseN) Franz Ser. 18 Stadiün-Warthausen, Franz Ser. '
Familie. Bei der ungewöhnlichen geistigen Be«
gabung. welche ein Elbtheil dieses Hauses,
und bei der ironischen Seelenstimmung, welche
dei mehreren Sprossen dieses Geschlechtes sich
kundgibt, hat sich eine geistige Richtung bei
derselben herausgebildet, welche mit der Art
zu denken und zu handeln anderer Menschen
wenig oder gar nicht zusammenstimmt. Und
dieß war auch vorherrschend bei Graf Franz
Stad ion der Fall. bei dem sie jedoch, ohne
zu wollen, zum Ausdrucke kam. Schon sein
Vater und Großvater waren nichts weniger
alS Schadlon-Menschen. Wie sonderbar klin
es doch und läßt mit Fug und Recht auf
einen Mann von eigenthümlicher Sinnesart
schließen, wenn Stadion's Großvater, Graf
Franz Eonrad, zu seinen beiden Söhnen
Friedrich Lothar und Johann Phi .
l ipp Kar l , als sie bei ihrer Abreise auf
die Universität bei dem Vater sich beurlaub,
ten. zu ihnen spricht: „Lehren gebe ich Euch
nicht auf den Weg, deren achtet Niemand.
Sorget nur. daß man nicht dereinst drn
Kutscher oder Hausknecht für Erhaltung der
Familie anrufen muß!" DaS Verhältniß der
beiden Brüder Fr i e drich Lo th ar, Fran«
zens Oheim, und Johann Ph i l ipp
Ka r l , Franzens Vater, war selbst ein
eigenartiges. So viel Geschwisterlirbe, als
hier zwischen beiden Brüdern bestand, könnte
heut zu Tage hinreichen, um die Brüder der
Familien eines kleinen Herzogthums damit
zu versorgen. Auch waren Ohm und Vater
durch und durch Originale und dei Sta-
dion's Vater kam noch hinzu, daß er sich
durch seinen mehrjährigen Aufenthalt in
England und bei der Begeisterung, welche er
für das Brittenvolk empfand, gewisse Lebens«
gewohnheiten eigen gemacht, welche auf dem
Continente fremdartig erscheinen. Wie der^
Vater so ähnelte auch der Sohn seiner äuße«
ren Erscheinung nach sehr einem englischen
Vollvlut'Aristokraten und Vieles in Beider
Lebensweise trug englischen Typus. Seiner
äußeren Erscheinung nach war der Gras von
hoher, schlanke». Gestalt, immer in knapper Ge-
wandung. Die Stirne wie die eines Denkers
— und der Graf dachte mehr als er sprach —
war hoch gewölbt und das Haupt mit linrm
leichten Kranz von feinem, braunem Haar
bedeckt, welcher die kahle Stelle des Hauptes
nicht zu verbergen vermochte. Die ganze
äußere Erscheinung des Grafen war eine
solche, daß sie eben dadurch daß sie nicht
auffallen wollte, sofort aufsiel. In seinem Verkehre war er ganz eigenartig und dies
besonders durch seine Gewohnheit, in kurzen,
knappen, oft unvollendeten Sätzen zu spre.
chen, so daß er seine Gedanken mehr andeu«
tete, als klar aussprach und man also sehr
auf sein Mienenspiel achten mußte, um ihn
gut zu verstehen. So wie er sprach, schrieb
er auch; nie in langen, gebundenen Sätzen,
sondern immer aphoristisch. I n seinem Wesen
war er gewöhnlich kühl, sehr zurückhaltend,
aber wenn er sich ausnahmsweise gehen ließ,
übermäßig, ja ausgelassen lustig. Die Anek«
dote, welche Rudolph Hirsch von ihm er-
zählt und die den Grafen in dieser Hinsicht
tresslich charakterisut, ist gewiß nicht crfun-
den. Bei einem Besuche, den S tad ion sei«
nem Schwager, dem Grafen Magnis in
Schloß Straßnitz gemacht, war auch die
Mutter des erwähnten Rudolph Hirsch an»
wesend. Der Graf benahm sich damals so
übermüthig, daß Frau Hirsch, ohne sich
durch die Excellenz und Erlaucht drS Gra«
fen einschüchtern zu lassen, die Bemerkung
machte: „Euere Erlaucht belieben so eigen»
thümlich zu scherzen und so wunderliche
Dinge zu reden, als ob Sie noch ein —
Student wären!" S tad ion lachte ganz
unbändig über diese Wahrheit und war weit
entfernt, der Sprecherin über ihren Freimuth
zu zürnen. — Sonst besaß der Graf eine Kalt«
blütigkeit und in entscheidenden Fällen eine
Selbstbeherrschung, die man anstaunen mußte.
AlS der Reichstag in Kremsier tagte, riefen
den Grafen eines Tages, tamals dereitö
Minister dcö Innern, Geschäfte nach Wien.
Es hieß, die Wi n disch g rä !) sch en Todes«
Urtheile ließen ihm keine Ruhe und er wolle
denselben Einhalt thun. Nach Anderen wollte
er Messenhau ser's Schicksal mildern. Der
Zug, der den Grafen, einige der Beamten
seines Bureaus, die er mitnahm, und mehrere
Abgeordnete, die zur ministeriellen Partei
gehörten, nach Wien bringen sollte, fuhr in
der Nacht ad. Es herrschte eine Kalte uon
20 und mehr Graden, Der Zug war in bester
Bewegung. Der Graf mit seinen Leuten und
die Abgeordneten befanden sich alle in einein
Waggon, als mit einem Male ein furcht«
barer Stoß, der die Inhaber der Waggons
zum Theil zu Boden riß und ein darauf'
folgendes Krachen, verbunden mit wüstem
Geschrei und Nrifen, verkündeten, daß eine
Katastrophe geschehen sei. I n der That, der
Zug war vor einer Haltstation auf einen auf
unrechtem Geleise stehenden Zug angefahren,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon