Page - 36 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Stadion-Stegmayer, Volume 37
Image of the Page - 36 -
Text of the Page - 36 -
Stadion-MarthauseN) Friedrich Lothar 36 Stadion-WarthauseN) Friedrich Lothar
Regierungsrath, Vice »Präsident und
Präsident der Erfurter Statthalters,,
dann fĂĽrstlich wĂĽrzburgischer Geheim-
rath, und Curator des Receptorates
und der WĂĽrzburger Hochschule; 1798
aber wĂĽrzburgischer Gesandter auf dem
Rastädter Congreffe. diesem von einem
Historiker trefflich bezeichneten Vorabende
des Umsturzes alles dessen, was dem
Grafen lieb und theuer war. Nun ka-
men die beiden Stab i on nach Wien,
wo sie bei dem damals fchon alternden
Kaunitz gute Aufnahme fanden, und
sich derselbe fĂĽr die jungen geistvollen
Männer bald ernstlich interessirte. Wah-
rend sein Bruder in eine Stellung trat,
welche den Uebergang zu wichtigeren
und entscheidenden Posten bildete, hielt
sich Friedrich mehr abseits, ĂĽbernahm
aber doch im Jahre 1803 die Stelle
eines kurböhmischen Comitial» Gesandten
in Regensburg, und wirkte 1807—1809
als kaiserlicher außerordentlicher Gesand«
ter und bevollmächtigter Minister am
königlichen Hofe in München, wo eS
seine Aufgabe war, die in groĂźer
Erbitterung zerrissenen diplomatischen
Beziehungen zwischen Oesterreich und
Bayern wieder herzustellen. Zu dieser
Aufgabe war Graf Friedrich wie ge-
schaffen, sein schwärmerisches, schroffe
Gegensätze in seinem poetischen An«
schauen leicht vermittelndes Wesen, hatte
in diesem schwierigen Geschäfte daö un>
möglich Scheinende geleistet, und ihn
dabei sein liebenswürdiger, zuverlässiger
Charakter wesentlich gefördert. Dort
auch im Verkehr mit dem Kronprinzen
Ludwig, mit Männern, wie: Ho m-
pefch. I a c o b i , Pappenheim,
Savigny und Schell ing, fand er
Balsam fĂĽr sein blutendes Herz. wenn
er die zerrissenen Zustände seines deut«
schen Vaterlandes gewahrte. Im denk» würdigen Kciegsjahre 1809 befand sich
Graf F r i e d r i c h als General»Com«
missär bei der Armee des Erzherzogs
Kar l , und blieb in den damaligen
mehr als schwierigen, ja nahezu unHalt,
baren Verhaltnissen seines gleich ihm
unvergeßlichen Bruders zuverlässige und
höchst werthvolle Stütze. I n der Folge
zog sich GrafFriedrich auf Choden»
schloĂź in volle Einsamkeit zurĂĽck, und
starb dort bald darauf erst 30 Jahre
alt. Fr iedr ichS. war wie sein Bru-
der zeitlebens ein edler Vorkämpfer
wider die Revolution, und wie über«
Haupt alle Stadion ein FĂĽrsprecher
und Förderer f reiwi l l iger, allmä»
liger, gemäßigter Reform. Näh»
rend er im deutschen Reich das zwischen
Frankreich, Oesterreich und Preußen hin»
und herschwankende ZĂĽnglein der Wage
des Gleichgewichts sah, hielt er — selbst
ein Priester, aber durchaus kein Ultra-
montaner, die deutsche Hierarchie nicht
fĂĽr ein Werkzeug der Knechtschaft und
Verdummung, sondern fĂĽr eine, nach
Umständen — wie wir eS jetzt wieder
gewahren — heilsame Opposition gegen
alle ĂĽberspannten weltlichen HerrschaftS'
gelĂĽste. Freilich fand er damals mit
seinen reformatorischen Ideen in Wien,
wo noch die Traditionen der Stabilität
mit den zahesten Wurzeln den Staat zu»
sammenhielten. kein Gehör, sondern
erregte vielmehr, wo er sich vernehmen
lieĂź, einen gelinden Schrecken. Zur
Charakteristik seines politischen Stand»
punctes möchten wohl zunächst seine
eigenen Worte am besten passen: „Die
deutsche Verfassung", schrieb GrafF ried'
rich, sei vortrefflich in ihren Grund«
sätzen, da sie die Mächtigen zwinge,
schwache Mitstände zu ehren, da sie dem
FĂĽrsten Gewalt genug lasse, alles Gute
zuthun, und den Unterthan mit mehr
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon