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Staps Staps
Kraft genug, um den letzten Todesgang
zu thun. Und er schritt dahin mit jener
Festigkeit, die er vor Napoleon und
im Gefängniß gezeigt hatte. Sein letzter
Ruf war: „Es lebed ieFre ihe i t !
Es lebe Deutschland! Tod sei
nem Tyrannen!" Der Eindruck, web
chen die Unternehmung des deutschen
Mut ius S c ä v o l a — so wird
Stups von Bourr ienne genannt
— auf Napoleon macbte, war ein
außerordentlicher. Der Franzosenkaiser
entschloß sich rasch, mit Oesterreich Frk-
den zu schließen. Dies beruht auf dem
Zeugniß Bourr ienne's und Cham«
pagny'S, Herzogs von Cadore. Der
Letztere sprach sich, zufolge dem Zeugniß
Bourrienne's, dahin aus: Die furcht»
bare Einfachheit der Antworten S.'s,
die kalte und unerschütterliche Entschlos-
senheit, die aus denselben hervorblickte,
und der über alle menschliche Furcht so
erhabene Fanatismus übten auf Napo«
leon den tiefsten Eindruck. Er ließ Alle
abtreten und ich blieb allein bei ihm.
Nach einigen Worten über einen so ver-
blendeten und so wohl überlegten Fa>
natismus sagte mir Napoleon: „Wir
muffen Frieden machen! (II 5ant ^kairs
Ia paix.) Kehren Sie nach Wien zurück;
rufen Sie die österreichischen Bevoll»
machtigten zu sich. Sie sind in den
Hauptpuncten übereingekommen; die
Kriegscontribution allein ist noch eine
Schwierigkeit; Sie differiren um 3l) Mil«
lionen — theilen Sie die Differenz;
bringen Sie die Bevollmächtigten dazu,
Ihnen 76 Millionen zu geben, wenn's
nicht anders zu machen ilr. und schließen
Sie den Frieden! Die letzte Fassung des
Vertrages, die Sie mir vorlegten, con»
venirt mir; fügen Sie die Bestimmungen
hinzu, die Sie für nützlich halten. Ich
verlasse mich ganz auf Sie; aber schlie» ßen Sie Frieden!" Die Redaction und
die Abschriften des Vertragg.Tertes wur-
den schnell festgestellt und ausgefertigt;
vor 3 Uhr Morgens war der Vertrag
unterzeichnet; um 6 Uhr war der Unter.
Händler in Schönbrunn. Am 14. Oc-
tober wurde er bekannt gemacht. N a.
p o l e o n kam ihm mit beunruhigter
Miene entgegen. „Nun, was haben Sie
heute Nacht zu Wege gebracht?" „Den
Frieden, Sire." — »Also den Frieden?
Und der Vertrag ist unterzeichnet?" „Ja.
Sire, da ist er!" Na p o le o n'S Antlitz
zeigte freudige Erregung; er gab seine
Genugthuung offen zu erkennen. Am
16. October Nachmittag um 2 Uhr war
N a p o l e o n von Schönbrunn abge-
rückt. Der StapS'sche Versuch hat
somit, nach der gut belegten Darstellung
des französischen Schriftstellers. eine
beträchtliche politische Wirkung geübt.
Das Gelingen desselben hätte unbe»
rechenbare Folgen gehabt und die Nie»
dermähung von Hunderttausenden von
Menschenleben, diö nock in den späteren
napoleonischen Eroberungskriegen sielen,
verhindert." —Die Eltern erfuhren nichts
über die That ihres unglücklichen Soh»
nes, denn Napoleon hatte sirengste
Weisung gegeben, daß in den Zeitungen
der ganze Vorfall mit Schweigen zu über»
gehen sei. Die armen Eltern wurden von
Freunden und Verwandten gemieden
und mußten sogar für ihre eigene Sicher-
heit Sorge tragen. Der alte Pastor
mußte sich Zeugnisse geben lassen über
einen unbescholtenen Lebenswandel; ja
Arzt und Beichtvater stellten Zeugnisse
aus, daß eine Verwandte der Familie
uweilen Anfälle von Geistesschwäche
gehabt. Sogar das Zeichen der Trauer,
ein Flor am Hute, wurde den Armen
verboten, nicht etwa von den Franzosen,
nein , von den Deutschen selbst!! —
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon