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Starhemberg (Freihaus) 193 Starhemberg (Freihaus)
br ech t V I . Zwiespalt ausbrach, Ulrich von
Starhemberg von der Landschaft zum
Schiedsmanne in diesem Streite gewählt
wurde. Ale im Jahre 5462 die Bürger
Wiens gegen den Kaiser rebellirten und ihn,
seine Gemahlin und den Prinzen Maxi«
mi l ian in der Burg belagerten, zogen
Ulrich und ftin Bruder Johann mit noch
vielen Anderen vom Adel dem Kaiser zu
Hilfe. Doch war schon durch die Ankunft
des Königs von Böhmen, Georg Podie»
brad, die Vrlagerung aufgehoben worden.
Welch hohes Ansehen Ulrich seiner Zeit
genoß, erhellet aus dem Umstände, daß Kö<
nig Math i a 6 Corv inus , den die Stände
von Böhmen zum Könige gewählt, in einem
besonderen Schreiben Ulrich von S. von
seiner Wahl in Kenntniß setzte. Ulrich von
S. war zweimal vermalt, zuerst im Jahre
1430 mit Dorothea von Hohenverg, die ihm
vier Söhne und zwei Töchter gebar. Nach
ihrem Tode vermalte sich Ulrich im Iabre
1470 wieder mit lllagdalena Gräfin von Grlen»
bürg. Diese Ehe blieb kinderlos. —67. Ul-
rich der Iünge:e von S., siehe.- Goi thard
von Starhemberg s2. j?7, Nr. 23. im
Texte).
I I I . Das Ktarhemvtrg'sche Freihaus in Wien.
Diesee, eines der größten, wenn nicht das
größte Gebäude Wiens. vielleicht irgend
einer Stadt, ist ebenso hinsichtlich seiner
Größe, als historisch interessant. Ursprünglich
war es ein Meierhof mit Garten und Nie>
srnland, den die Starb embern daselbst
besahen, uno woraus die Herrschaft Con»
radswürth hervorging, bei wclcher der Ma«
Listrat die ihm für ganz Wien inner den
Linien zukommende EinHebung einiger Steu>
ern und die Kriminal«, sonst aber keinr Ge»
richtsbarkeit besaß, die in der eigenen dor«
tigen Henschaftskanzlei ausgeübt wurde.
Noch im fünfzehnten Jahrhundert umfloß
ein Arm des Wicnftufses die Herrschaft lion«
radswörth und bildete eine Insel, auf wel>
cher das Freihaue lieht. Dieses letztere trug
die erste Nummer der Vorstadt Nieden, in
deren Mitte es einst stand. Erst durch die
nach der zweiten türkischen Belagerung Wiens
l683 ergangen? Anordnung, daß kein Vor»
stadthauS der Stadt näher als bis auf 6vli
Schritte von den Palissaden stehen dürfe,
erhielt das S ta rhemberg'sche Haus seine
freie Lnge gegen den Naschmarki, und da»
von, uno nicht von der Steuerfreiheit seinen
v.Nurz ba ch. biogr. Lerikon XXXVII . sG Namen Freihaus. Die Steuerfreiheit be<
zog sich auch nur auf den ältesten kleinen
Theil des ganzen, im Laufe der Zeit durch
viele Zubauten vergrößerten Gebäudes, welche
an Stelle der vormaligen Gärten und Wir«
sengründe getreten waren. DaS Haus wurde
mrhreremale ein Raub drr Flammen, so im
Jahre 1657, als eine großc Fruersbrunst in
Wien gewüthet, und dann wieder im Jahre
1759, als am 24. Juni, einem Sonntag, das
Feuer ausbrach und nicht nur das Freihaus,
sondern auch mehrere benachbarte Gebäude
und durch Funken, welche ein deftiger Sturm
weiter trug. über 30 Häuser in der Vor«
stadt Erdberg einäscherte. Von dem Umfange,
welchen das Freihaus im Augenblicke besitzt,
läßt sich mit Worten schwer ein Begriff ge.
ben. Wenn man im Hause eben jemand
aufzusuchen hat. irrt man darin wie in
einer Stadt umher. So kann es geschehen,
daß, wenn die Kanzlei, in welcher man die
bestimmten Aufschlüsse erhält, eben geschlossen
ist. man mehrere Stunden herumsuchen muß.
Das Haus hat 13 Höfe, fünf offene und
acht geschlossene, und überdieß einen großen
Garten innerhalb seiner Mauern. Einige
dieser Höfe sind so groß wie der Marktplatz
einer kleinen Stadt. Der Garten hat einen
Flächenraum von 900 Quadratklaftern. Das
ganze Gebäude selbst bedeckt einen Flächen,
räum von 7411 Quadratklaftern und enthält
335 Wobnungen, von denen viele fünf.
sechs, sieben und auch mehr Wohnräuiuc
(Zimmer, Cabinette) enthalten. Wohl jedes
Handwerk oder Gewerbe ist im Hause uer«
treten; man findet darin Gold« und Sil»
berarbeiter, Galanteriewaarenhändler. Gast<
Wirthe. Buchbinder, Drechsler, Hutmacher,
Schlosser. Tischler, Gemischtwaarenhändler,
drei Bäcker. 18 Schneider und 29 Schuster,
und wohnen darin Agenten, Ofsiciere. Leh«
rer. Beamte. Gelehrte u. s. w. Das Haus
hat 3l Stiegen und macht Front gegen drei
Straßen und einen Platz und zwar gegen
die Margarethenstraße, die Mühlbachgasse,
die Schleifmühlgasse und gegen den Nasch«
markt. Ein Brief, den der Postbote an die
richtige Adresse abgeben soll, muß außer
Vor- und Zunamen die Nummer des Hofec.
die Nummer der Sliege und die Nummer
der Wohnungsthüre angegeben enthalten.
Oft hat der Postbote 2—300 Briefe in dem
einen Hause abzugeben. Im Jahre 1870.
aus welchem diese Angaben stammen, wohn»
ten in dem Hause tliod Personen und zahl«
.r. 20. Juli 1878.) 43
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon