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Starhemderg) Ludwig Joseph Max 211 Starhemberg, Ludwig Joseph Max
die werthvollsten Gegenstände theils fort
geschleppt und was nicht mitnehmbar
war, vernichtet. So z. B. wurden Fami,
lienporträtS zerschnitten; der Wein.Lie-
ferant deS Fürsten in Wien (die bekannte
Firma „zum Kameel") mußte bedeutende
Weinvorrathe auf Kosten des Fürsten
liefern und diese, deren Werth fick auf
mehrere hunderttausend Gulden belief,
wurden von den Franzosen in Empfang
genommen. Durch alle diese Vorgänge
wurden die Vermögensverhaltniffe des
Fürsten tieferschüttert und derselbe un-
geachtet seines so bedeutenden Fideicom.
miffeS in einen schweren Schuldenstand
versetzt. Dazu gesellte sich noch in spä-
teren Jahren ein Sturz vom Balcon im
Schlöffe Eferding, durch welchen der
Fürst sehr gefährlich verletzt wurde. Ob«
gleich er sich davon allmälig wieder ganz
erholt, hatten dock die Folgen des Stur«
zes nicht unwesentlichen Einfluß auf die
Gesundheit des Fürsten geübt. Im Jahre
1815 wurde S. vorerst zum kaiserlichen
Commissär bei der Besitznahme von Mai»
land und der Lombardei, bald darauf
zum Gesandten am Turiner Hofe er»
nannt. Diesen Posten sollte er mit dem
eines Botschafters am spanischen Hofe
vertauschen. S. verließ nun, mit den
höchsten Gnadenzeichen des sardinischen
und parmesanischen Hofes geschmückt,
Turin und begab sich, bevor cr seinen
neuen Posten antrat, erst nach Wien.
Aber noch wahrend seines Verweilens
daselbst hatten sich die spanischen An»
gelegenheiten so gestaltet, daß die Ab»
sendung eines Botschafters nach Madrid
nicrt mehr statthaben konnte. Der Fürst
zog sich nun auf seine Güter zurück und
verlebte den Rest seiner Jahre theils auf
denselben, theils in Wien. Schon im
Jahre 4802 war er mit dem goldenen
Vließe ausgezeichnet worden, und so waren denn gleichzeitig der Sohn 4802
der jüngste und sein Vater (seit 4739)
der älteste Ritter dieses Ordens. Der
Fürst hatte
sich (am 21. September 1731)
mit M. Luise Franziska Prinzessin
von A r e n b e r g (geb. 29. Jänner
1764) zu Brüssel vermalt. Der Fürst
zahlte damals erst 18, seine Frau
17 Jahre und so sah daS junge Ehepaar
der beiderseitigen Jugend wegen wahrend
des ersten IahreS sich nur im Sprech«
saale eines Klosters, in welchem die
junge Frau ihre letzte Erziehung erhalten
hatte, welcher Fall in vornehmen Hau»
sern damals bei sehr jungen Ehepaaren
öfter vorkam. Im Juli 1833 wollte sich
der Fürst in seinen Angelegenheiten nach
Wien begeben, machte auf seiner Reise
dahin in seinem Schlöffe Dürnstein Halt.
um dort einige Tage zu verweilen. Aber
kaum im Schlosse angelangt, wurde er
krank und konnte die Reise nicht weiter
fortsetzen. Nach zweimonatlichem schmerz,
lichen Krankenlager starb er im Alter
von 71 Jahren. Fürst Ludwig Io«
seph Max, wie ihn Graf Thürh eim
schildert, besaß ein reiches encyklopädisches
Wissen; ei wußte die Classiker aller Na-
tionen älterer und neuerer Zeit auS-
wendig; er war von lebhaftem, schnell
auffassendem Geiste, besaß echt franzö«
fischen Witz und ConversationSton und
war, obgleich 27 Jahre jünger als Prinz
de Ligne, mit seinem leichten Sinne,
sanguinischen Temperamente und seiner
fröhlichen, nie versiegbaren Laune dem
heiteren Marschalle ein sympathisches,
auch geistig verwandtes Element und
wie dieser ein echter Sohn des acht«
zehnten Jahrhunder ts . Beide wa.
ren jederzeit geneigt, ,mit aller Grazie
des GeisteS" tolle Scherze zu treiben und
iebenSwürdigr Thorheiten zu begehen.
Einst unternahmen sie — de Ligne
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon