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Standinger, Joseph 267 Staudinger) Joseph
Staudinger, Joseph (der erste De-
monstrator der Darstellungen de
Sonnen-MikroskopeS, geb. in Wien
im Jahre 1811). Seine Eltern waren
Wiener Bürger alten Schlages, gemüth
licd, aber ungebildet und deßhalb nicht
weniger als um Unterricht und Bildung
ihreS Sohnes besorgt, den sie, wie ihn
Gott geschaffen, aufwachsen ließen.
lebhafte und wißbegierige Knabe war so
mit auf
sich
selbst angewiesen und bei seine
großen Neigung zur Selbständigkeit wa
sein Sinnen und Trachten bald darauf ge
richtet, sich selbst fortzuhelfen. Zum Jung
linge herangereift, übernahm er mit sehr
geringen Geldmitteln kleine Lieferungen
für das kaiserliche Aerar und ging mit
soviel Geschick und Umsicht dabei vor und
war darin so vom Glücke begünstigt, daß
mit der steigenden Zunahme der Ge
schafte sich auch von Jahr zu Jahr sein
Vermögen vergrößerte. Seine Erfolge
fanden Nachahmer, welche mit bedeuten-
deren Summen sich in die Sache warfen,
so daß S., als er inne ward, mit diesen
Geldmenschen doch nicht auf die Dauer
rivalisiren zu können, allmalig seine Ge>
schäfte abwickelte und selbst diejenigen,
die er noch behalten mußte, an Unter«.
Pachter abgab. Indessen hatte er sich
dock schon so viel erworben, um sich
ganz zurückziehen zu können. I n früher
Zeit schon hatten den jungen Mann die
Wunder des Mikroskops besonders ange«
zogen; jetzt nun, da er Muße hatte,
nahm er mit einem gewöhnlichen Mi-
kroskop seine Beobachtungen vor. die
er. jemehr er dieselben ausdehnte, um
so sorgfaltiger und anhaltender anstellte,
wobei es natürlich vorkam, daß bei dem
Eifer, mit welchem er die Dinge vor«
nahm. sich ihm nicht selten Manches
darbot, was bisher nicht beobachtet und
also zuerst von ihm entdeckt wurde. Mit seinem Eifer für mikroskopische Beobach«
tungen wuchs zu gleicher Zeit seine
Reiselust und da ihm denn doch die Mit»
tel fehlten, dieselbe ohne weiterS zu be«
friedigen, gerieth er auf den Gedanken,
sich seine Rei'e bezahlt zu machen. Zu
diesem Zwecke kaufte er das berühmte
plastische Tableau der Stadt Wien, be<
gab sich mit demselben auf N<:isen. auf
welchen er allmalig die größeren Städte
Deutschlands und Dänemarks. Dresden,
Leipzig, Hamburg. Kopenhagen u. s. w.
besuchte. Während er nun einerseits
überall sein plastisches Tableau aufstellte,
knüpfte er andererseits Verbindungen an
mit Künstlern und Gelehrten, wozu
ihm seine Schauftellungen Gelegenheit
darboten. Vor Allem suchte er Be«
kanntschaft mit Naturforschern und unter
diesen vornehmlich mit Optikern. Einer
derselben. ein Belgier Namens Colem-
bier. lenkte der Erste S.'s Aufmerk-
samkeit auf daS SonneN'Mikroskop, das
wohl beieits 1738 von sieberkühn
erfunden und auch in Gelehrtenkreisen
sattsam bekannt war. dessen Leistungen
aber bisher dem großen Publicum fremd
geblieben waren. Mit der ihm eigenen Leb«
haftigkeit griff S. diesen Gedanken auf.
kaufte in Hamburg ein Instrument von
vorzüglicher Güte. machte sich mit dessen
Behandlungsweise vollkommen vertraut
und. wurde bald die Beschäftigung mit
demselben, wie er selbst sich auszudrücken
lebte, „sein eigentliches Leben und sein
Glück". Nachdem er den Apparat
und dessen Anwendung sorgfältig studirt. '
wollte er seine Demonstrationen dem
großen Publicum vorführen. Die ver.
größerenden Wirkungen des Mikroskops
sind Jedermann bekannt. Bei dem Son-
en'Mikrofkop wird der Gegenstand, der
ergrößert werden soll, durch Knallgas»
icht intensiv beleuchtet und das so vcr«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon