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Stefani 303 Stefani
laus August, war ein großer Freund
und Förderer der Musik, unterhielt an
seinem Hofe selbst eine treffliche Capelle
und berief tüchtige Künstler von aus-
wärts, welibe sein Orchester verherrlich,
ten. Nicht selten ließen ficb auch fremde
Künstler an seinem Hofe hören. Auch
aufStefani hatte der König sein Augen»
merk gerichtet und ihm die Kapellmeister«
stelle an seinem königlichen Orchester
angeboten. Mit noch anderen Kollegen
sollte er dahin abgehen. Nun berichten
die öechifchen Quellen folgenden Dialog
zwischen dem Kaiser und Ste fan i , der
bei Kaiser Joseph um seine Entlas-
sung nachsuchte. „Wie. Ihr wollt mich
verlassen?" rief der Kaiser, nachdem ihm
Stefan i die Bitte vorgebracht, ihn
seines Postens an dem Wiener Orchester
zu entheben. „Ihr wollt nach Polen?
Wißt Ihr auch, was für ein Land es ist?
Die Menschen dort leiden Kalte, sind
Bardaren, der Adel ist roh. mit nichts
zu befriedigen, in Kenntnissen fremd,
ebenso in Gewerben und Künsten. Und
Ihr wollt dahin? Dazu kann Euck nur
ein Feind rathen' ich aber erlaube es
nicht." Und dann fügte der Kaiser hinzu:
„Ich muß Euch sagen, daß wir Krieg
haben werden. Dann muß jeder zum
Kampfe bereit sein. Ihr seid noch jung.
möglich, daß man Eurer bedarf. Es wäre
Verrath, wenn Ihr jetzt gehen wolltet."
Für die historische Wahrheit dieses Dia-
loges mögen die öechischen Quellen, aus
denen wir schöpfen, einstehen. So schien
denn für S te fan i und seine Collegen
die Hoffnung, bei der Warschauer Hof«
capelle einzutreten, in unbestimmte Ferne
gerückt zu sein. Stefani wendete sich
nun an seinen Gönner, den Grafen
Kinsky, und bat um defsen Fürwort
beim Kaiser. Kinsky sagte zu und schon
nach wenigen T^gen erhielt Stefan i mit noch acbt anderen Kameraden die
Erlaubniß, abzureisen. So erzählen
polnische Quellen Stefani 's Abgang
nach Polen. Im Jänner l?71, wie die
„kvot?" berichten, kam er mit seinen
Gefährten nach Krakau. Daselbst besuchte
er in der Stadt die Schenken und kleinen
Wirthshäuser, wo sich das Volk bei
Musik und Tanz unterhielt, und lernte
daselbst die Originalweisen in ihrer unver»
fälschten Eigenthümlichkeit kennen, sam»
melte auch die schönsten derselben, um sie
spater in seinen eigenen Arbeiten zu ver«
wenden. Von Krakau begab er sich nach
Warschau, wo er, wie der Rieger»
M al v'sche „älovnik uauLn^" berichtet,
am 2. Februar 1779 eintras und feine
Stelle als Director des königlichen
Orchesters antrat. Hier scheint nun der
„äiovnik" in der Jahreszahl einen
großen Irrthum zu begehen. Denn nach
den „I5vst?" wäre S< im Jänner 1771
in Krakau gewesen und dann, nach dem
n8i0vnik") im Februar 1779 in Warschau
eingetroffen. Gs handelt sich dabei um
nichts Geringeres, als einen Zeitraum von
vollen acht Jahren, den wir nicht anders
überbrücken können, als wenn wir die
Ankunft Stefani'6 in Warschau auf
den 2. Februar 1771 berichtigen. I n
Warschau kam nun S. alsbald in volle
Thätigkeit; er dirigirte die Musik in der
königlichen Kammer, arrangirte Con»
ccrte, leitete die Orchesterproben, studirte
Haydn'sche Messen und Cantaten ein
u. dgl. m. Er selbst componirte die
damals so beliebten Polonaisen, welche
alsbald in den polnischen GesellschastS«
kreisen die beste Aufnahme fanden, so daß
S. eine Suite der anderen folgen ließ
und wohl deren an hundert geschrieben
hatte, ganz in nationalem Style und mit
vortrefflicher Instrumentirung. Bald ver>
breiteten die in so kurzer Zcit beliebt
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stadion-Stegmayer, Volume 37
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stadion-Stegmayer
- Volume
- 37
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1878
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 362
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon