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Steigentesch) Conmd 1
meuil , der Neugierige, der Eifer«
süchtige seine gelungensten Darsiel,
lungen. Da zu jener Zeit das Repertoire
noch ziemlich dürftig bestellt war, so ver-
suchte sich S. selbst in dramatischen Ar-
beiten. die er auS fremden Sprachen
bearbeitete, wie z. B. „Der englische
Weise (irrig hie und da „Die englische
Waise") oder: Wenige denken so", ein
Lustspiel in 3 Aufzügen, aus dem Fran«
zösischen (Wien 1771. 80.); — «Die
junge Griechin"; ein Lustsp. in 3 Aufz..
nach dem Französischen von Favart
(ebd. 1772, 8".); — „Die gute Frau",
ein Lustsp. in 3 Aufz.. aus dem Engli«
schen (ebd. 1776. 8«.); die genannten
drei Stücke sind auch in das unter
dem Namen „NeueS Wiener Theater"
bekannte Sammelwerk aufgenommen.
Jedoch sprach fein Spiel nicht Jeden
an; man mußte sich an seine Dar»
stellungsweise erst gewöhnen. So schrieb
z.B. ein deutscher Tourist, welcher sich
unter der Chiffre T. R. verbirgt, in sei»
nen im Jahre 4783, also schon etliche
Jahre nach Steigentesch's Tode, er»
schienenen „Briefen über Deutschland"
über S te igentesch das Folgende:
„Von den Acteurs vom ersten Range
ist keiner mehr übrig, als Herr Stei»
gentesch. den ich lieber bei mir im
Zimmer als auf dem Theater sehe. Er
ist ein Mann von ausgebreiteten Kennt«
niffen. spricht verschiedene lebende Spra»
chen und hat Witz. Seine kleine Figur
und eine gewisse Affectation schaden sei«
nem Theaterspiele, worin er ober doch
viel Verstand und Weltkenntniß äußert.
Er macht Stutzer und Chevaliers, die
aber hier, sowie die jungen bürgerlichen
Liebhaber überhaupt, schlecht besetzt sind."
I m Uebrigen war S tei gentesch nicht
frei von jenen Schwächen, an denen die
Komödianten aller Zeiten und Völker t Steigentesch) Conrad
leiden und worin sie oft bis zu einer
gefährlichen Leidenschaftlichkeit sich hin-
reißen lassen. Wir meinen den Künstler«
neid. So hatte denn auch Steigen«
tesch unter seinen Collegen manche, die
ihm ein Dorn im Auge waren. Der eine
davon war der Schauspieler Lange, ein
Bruder deS berühmten Heldenspielers
Joseph Lange sBo. XIV, S. 97), ein
zweiter der Schauspieler Weiner, der
Liebhaber und kleinere Rollen spielte.
Gegen Lange artete sein Groll in Haß
auS und S. vergaß sich so weit, daß er
in einer Rolle, in welcher er Lange zu
erstechen hatte, mit einem geschliffenen
Dolche nach ihm stach und ihn auch
blutig verwundete. Die Sache machte
großes Aufsehen. eS kam auch zur Un«
rersuchung, aber Steigentesch be«
hauptete, der wirkliche Dolch müsse durch
Versehen an Stelle des Theaterdolches
inS Requisitorium gekommen sein und er
habe sich die Waffe, als er sie nahm,
gar nicht näher angesehen. Doch will
man später erfahren haben, daß Stei«
gentesch selbst den Dolch habe schlei-
fen laffen. Nicht so weit in seinem Grolle
ging er gegen Wein er, den er aber
doch. wo und wann sich ihm Gelegenheit
darbot, in jeder Weise neckte und
quälte, so daß dieser eines TageS in
seiner Aufregung über Steigentesch
den Ausspruch that: „Dieser Mensch
wird mich selbst im Tode nicht in Ruhe
laffen." Und in der That, es gesckah
merkwürdiger Weife so. Beide starben
zu gleicher Zeit und die Leichen beider
wurden in ihren Särgen in die Michaeler«
kirche zur Einsegnung gebracht. Da
geschah eS, daß der höher stehende Sarg
des Ste igentesch herabglitt und
polternd und erschütternd aufWeiner's
Sarg niederstürzte. Conrad Stet«
gentesch ist der Großvater deS nach-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Stehlik-Stietka, Volume 38
- Title
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Subtitle
- Stehlik-Stietka
- Volume
- 38
- Author
- Constant von Wurzbach
- Publisher
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Location
- Wien
- Date
- 1879
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 13.41 x 21.45 cm
- Pages
- 398
- Keywords
- Biographien, Lebensskizzen
- Categories
- Lexika Wurzbach-Lexikon